Wir vertreten die MAINung, dass Politik von der Diskussion lebt. Dieser Idee haben wir unseren Blog gewidmet. Wir sind Nikolaus Barth und Daniel Müller. Langjährig in der Jungen Union/CSU aktiv und zwischenzeitlich in verschiedenen Berufen und Orten beheimatet. Wir sind unseren Wurzeln dennoch weiterhin verbunden und mit dem steten Drang sich zu Wort zu melden. Die Themen reichen vom Untermain über München und Berlin bis nach Brüssel und darüber hinaus.

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Sonntag, 26. Dezember 2010

Die Zukunft der Kirchtürme

Klingenberg/Main. In Bayern stehen 2014 die nächsten Kommunalwahlen an. Bis dahin gibt es vielerorts noch einiges zu erledigen. Die wirtschaftliche Erholung hilft bei der Lösung mancher Probleme - einige Probleme werden aber auch über das Jahr 2014 bestehen und erfordern eine grundlegende Neuorientierung. Die Überlegungen hierzu sind heute schon erforderlich.

Die demographische Entwicklung wird immer stärker die Zukunft prägen. Bevölkerungsrückgänge im ländlichen Raum werden unterschiedlich stark ausfallen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird viele kleine Gemeiden vor unlösbare Aufgaben stellen. Die flächendeckende Versorgung mit Schulen wird aufgrund fehlender Kinder immer schwieriger. Vereine, Kirchen und Parteien fehlt der Nachwuchs.

Stärker als jemals zuvor hängt es davon ab, wie gut die Gemeinden im ländlichen Raum zusammenarbeiten. Viele Probleme sind nur gemeinsam lösbar. Dabei kommt den Landkreisen und Landräten als Moderatoren eine zentrale Rolle zu.

Drigend ist vom Ausweis neuer Baugebiete, die stetige Erweiterung der Infrastruktur und der rein auf Familienfreundlichkeit gerichteten Kommunalpolitik abzuraten. Sinkt die Bevölkerung, steigen die Kosten für die Infrastruktur, beispielsweise Straßen, Wasserversorgung und Müllentsorgung, stetig. Auf die Bürger wird dies durch höhere Gebühren umgelegt und damit Kaufkraft und wirtschaftliche Attraktivität entzogen. Gleichzeitig fordert die Überalterung der Bevölkerung seniorenfreundliche Gemeinden.

Nicht nur der Bau seniorengerechter Wohneinheiten ist eine Zukunftsaufgabe. Viel mehr muss die Versorgung der ländlichen Bevölkerung, der öffentliche Nahverkehr und die Bauweise von Straßen und öffentlichen Gebäuden stärker auf diese Bevölkerungsgruppe ausgerichtet werden. Die einzelnen Gemeiden sollten in diesem Sinne unterschiedliche Kompetenzzentren bilden - angefangen von der Gesundheitsinfrastruktur bis hin zur Gestaltung kinderfreundlicher Baugebiete in der Nähe von Schulen und Kindergärten. Entscheident ist die multiple Einsatzfähigkeit. Der Rückbau der nicht genutzten Infrastruktur ist nicht nur ein Thema für den Osten der Republik.

Ein großes Problem wird der Nachwuchs für Vereine, Kirchen und Parteien. Dabei wird sich das Nachwuchsproblem auch direkt auf die Zukunft der Gemeinden auswirken. Bereits 2014 werden in Bayern zahllose Bürgermeisterkandidaten und Kandidaten für die Räte fehlen. Kleine eigenständige Gemeinden werden keine ehrenamtliche Bürgermeister mehr finden. Häufiger als 2008 werden Gegenkandidaten fehlen. Einheitslisten werden bald üblicher. Die politische Klasse wird, ob CSU, SPD, Freie, Grüne, FDP oder sonstige, über kurz oder lang weiter verarmen. Konkurrierende Talente werden drigend gebraucht.

Vor diesen vielen ungelösten Probleme ist eine Gebietsreform auch in Bayern eine erforderliche Maßnahme und drigender den je anzugehen. Der Landkreis Miltenberg verfügt beispielsweise mit 130.000 Einwohnern über 32 eigenständige Gemeiden, was für Landkreise vergleichbarer Größe in Hessen oder Baden-Württemberg nicht denkbar ist. Wer die besten Köpfe für Räte und Bürgermeisterämter will, wer langfristig die Ausgaben senken möchte und Konzepte für eine zukunftsfähige Gemeinde sucht, muss eine deutliche Reduzierung der Kommunen angehen. Dabei ist je nach Finanzkraft und Zukunftsfähigkeit eine Drittelung der Anzahl eigenständiger Gemeinden sinnvoll. Damit wird gewährleistet, dass auch morgen noch die Zukunft gestaltbar ist.

Es gibt keine Zweifel an der Notwendigkeit dieser Maßnahme. Idealerweise beginnen die Landräte und Gemeiden bereits vor 2014 auf freiwilliger Basis damit, bevor das Land bis 2020 sich dazu gezwungen sieht. Die Landesregierung und der Landtag müssen die Gebietsreform gut vorbereiten und zugleich eine umfassende Reform der Kommunalverfassung anstreben, um den eigenen Charakter von kleinen Dörfern und Gemeinden im ländlichen Raum zu gewährleisten.

Freitag, 3. Dezember 2010

Das Ende der Pastapolitik

Frankfurt/Main. Dieser Tage sind bemerkenswerte Vorgänge zu beschreiben. Das Ende der schwarz-grünen Koalition in Hamburg, die Schlichtung von Stuttgart und die offensichtliche grün-rote Dominanz im Bund. Die längst für beendet geglaubte Lagerbildung erfährt eine Wiederbelebung und lähmt gleichzeitig das Land. Vorbei sind die Perspektiven der schwarz-grünen Pizza-Connection.

Kaum ein politischer Beobachter hatte im Laufe dieses Jahres derart dramatische Verwerfungen zwischen dem grünen und dem konservativen Lager vermutet. Klar war und ist die schwere Hypothek der Verlängerung der Atomlaufzeiten. Mit Ole von Beust, Norbert Röttgen und Hermann Gröhe schien im Gegenteil der Ideenaustausch befördert und eine klare Perspektive für ein konservativ-ökologisches Bündnis auf Bundesebene möglich. Unzählige Beispiele finden sich, die zeigen, dass vielerorts die Zusammenarbeit funktioniert und die Überschneidungen vielseitig sind.

Die Frage weshalb diese Gemeinsamkeiten heute scheinbar nicht mehr gelten, stellt sich nahezu jeder. Die Grünen haben sich wunderbar in der Opposition entwickelt und können heute zurecht behaupten, die stärkste der Oppositionsparteien zu sein. Nicht wenige haben erwartet, dass sich die Bundestagsfraktion der Bündnisgrünen mit der FDP beschäftigt. Diese scheint jedoch inzwischen in die Bedeutungslosigkeit gerückt und somit ist das Ziel der Grünen ein Neues.

Die Gemeinsamkeiten mit der Union sind weg. Nicht erst seit Stuttgart 21 stehen Grüne an der Spitze vieler Protestbewegungen - seien es örtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen, Nachtflugverbote oder Tiefbahnhöfe. Die beiden großen Volksparteien haben diesen Trend verschlafen. Daher werden sie nicht selten als bürgerfern beschrieben. Der Union steht der Glaube an die staatlichen Institutionen nicht gut. Die Grünen können unter dem Hinweis auf ihre gelebte Basis- und Bürgerdemokratie diesen Vorteil nutzen.

Was aber hat sich geändert zu früheren Zeiten? Zum einen die grünen Machtperspektiven, zum anderen ist die vielseits gelobte Basisdemokratie nicht mit den Grünen mitgewachsen. Viele Wähler fühlen sich von den Grünen vertreten. Dabei ist das Ökobewußtsein in breiten Schichten eher zweitrangig. Bei anderen spielt dieses gepaart mit den linksromantischen Ideen nach wie vor die entscheidende Rolle. Dieses Auseinandertrifften wird für die neue grüne Volkspartei eine schwere Belastung sein, die Umfragen erlauben eine Bequemlichkeit, welche mittelfristig die Partei spalten könnte. Vorbei sind die Zeiten, in denen Joschka Fischer und Jürgen Trittin leidenschaftlich für ihre Positionen innerhalb der Partei kämpfen mussten, en vogue ist was mehrheitsfähig scheint - egal ob frühere Entscheidungen dadurch gekippt werden - die Machtperspektive entscheidet alles.

Vorbei ist auch die Verbindung zwischen Basis und Führung. Der Vielflieger Cem Özdemir und Jürgen Trittin, vor allem aber die vielen alten Frontmänner der Partei haben scheinbar die basisdemokratischen Ideale verraten oder verloren. Ob Rezzo Schlauch oder Joschka Fischer - sie alle nutzen ihre Bekanntheit für gutbezahlten Jobs in der Wirtschaft. Grün sein heißt zweifelsfrei nicht (mehr) arm sein. Die vielen neuen Wählerschichten würden dies auch gar nicht akzeptieren. Heißt grün sein zwischenzeitlich aber auch bequem sein?

Ob Stuttgart 21 oder München 2018 - die Partei geht den Weg des geringsten innerparteilichen Widerstands. Und genau hier liegt der Unterschied zur Union. Genau dies ist der Grund, weshalb CDU und CSU heute viel weiter entfernt scheinen als jemals zuvor. In den 61 Jahren der Republik hat die Union stets versucht ein verlässlicher Gestalter des Staates zu sein. Getreu dem Satz von Franz Josef Strauß - konservativ sein bedeutet an der Spitze des Fortschritts stehen.

Die Union kämpft für rot-grüne Regierungsbeschlüsse. Der Eindruck bleibt, dass zwischenzeitlich das heutige Regierungslager mehr zur Agenda 2010 steht als die ehemalige Regierung, auch die Grünen. Notwendige Beschlüsse werden gefasst. Das Energiekonzept ist kein Austieg aus dem Austieg, es ist der Einstieg in das Ende des atomaren und fossilen Zeitalters - ohne jedoch die industrielle Basis des Landes zu gefährden. Die Regierung geht die Endlagerthematik an. Auf Basis der sozialen Marktwirtschaft und den Ideen Ludwig Erhards macht sich Merkel & Co derzeit in Europa und der Welt unbeliebt - aber im Sinne der deutschen Interessen.

Es erscheint so einfach für die Union Wahlen zu gewinnen. Sofortiger Ausstieg aus der Kernenergie, Rente mit 66 statt 67 und die Umsetzung der Bürgerversicherung als Konzept in der Gesundheitspolitik. Mit einem Schlag wäre die alte Volkspartei zurück. Doch das Verständnis dem Staat zu dienen macht es der Union unmöglich. Ob NATO-Doppelbeschluss, die Ost-Verträge oder die Wiedervereinigung - dies alles trug nicht zur Beliebtheit der Konservativen bei. Die Union erledigt das Notwendige. Sie nimmt die Gefahr der Abwahl in Kauf, um den Vorwurf der Beliebigkeit zu vermeiden und um Demokratie, Rechtstaatslichkeit und Wohlstand zu festigen. Das ist wohl auch das Ende der Pastapolitik - der schwarz-grünen Perspektiven - zumindest für eine gewisse Zeit.