Wir vertreten die MAINung, dass Politik von der Diskussion lebt. Dieser Idee haben wir unseren Blog gewidmet. Wir sind Nikolaus Barth und Daniel Müller. Langjährig in der Jungen Union/CSU aktiv und zwischenzeitlich in verschiedenen Berufen und Orten beheimatet. Wir sind unseren Wurzeln dennoch weiterhin verbunden und mit dem steten Drang sich zu Wort zu melden. Die Themen reichen vom Untermain über München und Berlin bis nach Brüssel und darüber hinaus.

Viel Freude beim Lesen!

Donnerstag, 27. Dezember 2012

Anmerkungen zu Guttenberg

Klingenberg/Main. Es ist viel zu früh einen politischen Nachruf auf Karl-Theodor zu Guttenberg zu verfassen. Nicht wenige tragen die Hoffnung in sich, er werde die deutsche und europäische Politik mit seiner Rückkehr beglücken. Seine frühere mediale Präsenz ist im Jahr 2012 verschwunden und flammte nur vereinzelt auf. Bleibt also die Frage, ob er nur vorerst gescheitert ist?


Wer sich mit dem Baron aus Franken beschäftigt, kommt an der jüngeren Geschichte seiner Vorfahren nicht vorbei. Gerade diese haben ihm sein eigenes Leben schwer gemacht. Es ist gut vorstellbar, wie er unter seinen Übervätern litt. Sein Großvater brachte es über alle Parteigrenzen hinweg zu großem Ansehen brachte. Er war Mitinitiator und Regisseur der ersten großen Koalition (1966-1969). Nicht weniger überzeugt sein Vater als Dirigent in der Welt.

Karl-Theodor großer Familienname wurde zu seinem Verhängnis. Das ist natürlich nur ein Teil der Wahrheit. Anspruch und Wirklichkeit haben bei ihm nicht zusammengepasst. Es verwundert bis heute, dass er Praktikas kunstvoll in berufliche Erfahrung umschrieb und das fehlende zweite Staatsexamen mit seiner Doktorarbeit zu heilen suchte. Hatte er das nötig?

In seiner Wahrnehmung offenbar schon. Anders hätte er seine rhetorische Begabung nicht in ein politisches Amt oder Mandat übersetzen können. Freilich reichte für den Sitz im Bundestag sein Name, spätestens aber beim Griff nach dem CSU-Bezirksvorsitz in seiner oberfränkischen Heimat (mittels Kampfkandidatur) und kurz darauf bei der Übernahme des Amtes als CSU-Generalsekretär wurden Fragen nach der Kompetenz laut gestellt.

In seiner Zeit als Minister konnte zu Guttenberg überzeugen und seine Art rief Neider und neue Gegner auf den Plan. Dabei überzeugten weniger die politischen Entscheidungen als viel mehr die mediale Zustimmung, in der sich viele Mitstreiter sonnten.

Er füllte Marktplätze und selbst Auftritte bei 'Wetten dass....' brachten ihm mehr Zustimmung als Kritik ein. Anders gesagt, er verlor ein Stück seiner Bodenhaftung. Doch sein tiefer Fall erdete ihn nicht. Noch immer scheint er über den Dingen zu schweben und ein Stück weit nicht nachvollziehen zu können, was mit ihm geschehen ist.

Ob ihm klar ist, dass er nicht ohne Partei auf die politische Bühne zurückkehren kann ist nicht überliefert. Zwischen vielen Zeilen kann man lesen, dass er nicht mehr in das politische Tagesgeschäft zurückmöchte, sondern eine verantwortungsvolle Position bei EU, UN oder NATO anstrebt. Doch auch diese Positionen werden politisch besetzt.

Eine Rückkehr in die deutsche Politik nach dem medialen Gewitter scheint nicht unmöglich. Der Weg wird steinig. Das guttenbergfreie 2012 hat ihm, seinen Freunden und Wählern gut getan. Mit mehr Demut und vor allem mit der notwendigen Geduld seine zweifelsfrei vorhandenen Talente zu beweisen, hat er eine Chance verdient irgendwann zurückkehren zu dürfen. Ob er diese Chance nutzt ist fraglich. Der Baron aus Franken ist vorerst gescheitert, das letzte Kapital seiner Biographie ist jedoch noch nicht verfasst.

Sonntag, 23. Dezember 2012

Peers Beinfreiheit in der ersten Klasse - Sätze zum Kanzlerkandidaten der SPD

München. Der sozialdemokratische Kanzlerkandidat ist in die ersten Wochen gestolpert. Gefühlt ist er nun alternativlos und wird nach der Krönungsmesse von den Genossen bedingungslos unterstützt. Wie weit jedoch die Beinfreiheit des Kandidaten ist oder wie eng das Korsett der Partei geschnürrt wurde, wird man nach der Niedersachsen-Wahl sehen. Grund genug sich mit Peer Steinbrück auseinanderzusetzen.

'Peer wer?' war im NRW-Wahlkampf im Mai 2005 zu lesen. Steinbrück stürzte nach seinem Wahlmisserfolg die rote-grüne Regierung auf Bundesebene in die Krise und läutete mit seinem Wahlergebnis das Ende Schröders ein. Gleichzeitig war es für ihn ein Karrieresprungbrett. In der folgenden Koalition auf Bundesebene wurde er Merkels Finanzminister und während der Krise zu ihrem besten Mann.

Wahrscheinlich war es vor allem die Nachfrage aus der Finanzindustrie, weniger die Auftritte im Auftrag von Stadtwerken, die innerhalb der Bevölkerung seinen Ruf als zweiter deutscher Weltökonom nach Helmut Schmidt mehrten und ihm klar machten, dass ihm das Leben als Hinterbänkler im Bundestag wenig taugt.

Zweifelsfrei ist er redebegabt. Außer Zweifel steht auch seine Wendefähigkeit und der Sachverstand für ökonomische Zusammenhänge. Sätze die auf viele hanseatische Sozialdemokraten passen, die aber gleichzeitig die Grundschwierigkeiten offenbaren.

Gefühlt sind es Missverständnisse.

Passt Steinbrück zur SPD? Wahltaktisch ja, ansonsten eher nicht. Steinbrück wirkt echt. Und ihm ist zutrauen, den Reformbedarf Europas und Deutschlands zu verstehen. Erklären wird er ihn seiner Partei und den Wählern in eigenen Worten nicht können. In seiner Bewerbungsrede hat Steinbrück Punkt für Punkt die sozialdemokratische Agenda abgearbeitet. Lösungen kamen darin an wenigen stellen vor. Es waren Versprechungen, deren Einlösungen schwer vorstellbar sind. Steinbrück wäre wie Schmidt - ein Kanzler ohne Partei, ein Kopf ohne Körper.

Ist Steinbrück die Antwort auf die Alternativlose? Auch hier ein unklares jein. Er wird es nicht besser können. In Europa sind Kanzlerin und Kandidat im Gleichklang. In Deutschland verspricht er der Mitte alles und nichts. Grundversorgung, Mindestlohn, bezahlbarer Wohnraum, Rentenerhöhungen und ein Gesundheitssystem, das keine Zwei-Klassen-Medizin sein soll. Er versucht sich an der Quadratur des Zirkels. Schon das Duo Schröder/Lafontaine ist daran gescheitert, weil sie Reformen zurückdrehten und unfinanzierbare Versprechungen einlösten. Freilich würde ein Kanzler Steinbrück mit geordneten Finanzen arbeiten und Steuern (drastisch) erhöhen. Doch dann verliert er wieder die Zustimmung seiner Partei und würde selbst in den innenpolitischen Moderationsmodus Merkels verfallen: Für sie wie auch für ihn gilt daher, nicht auf den Kanzler kommt es an, sondern auf das Kabinett.

Bleibt das Geld. Kann ein Auftragsredner Kanzler werden? Ja und Nein. Die Auftritte sind wie Mühlsteine. Selbstverständlich darf ein Abgeordneter außerhalb seines Mandats am Wirtschaftsleben teilnehmen. Natürlich hat er das Recht hierfür eine Entlohnung zu bekommen und ebenso verständlich ist es, dass auch Sozialdemokraten nicht zur Armut verpflichtet sind. Doch liegt der Fall hier anders. Was anderswo geht, geht in Deutschland eben nicht. Ein Bundesminister a.D. kann mit seinem Fachwissen werben, Vorträge halten und dafür Geld einstreichen - nichts anders machen Helmut Schmidt, Michael Glos oder Klaus Töpfer. Aber die Grenze ist klar. Politische Ambitionen können damit nicht einhergehen. Wer ein Amt nach dem Amt anstrebt, der muss sensibel in diesen Angelegenheiten vorgehen. Steinbrück hat hier versagt. Er hat es nach Bekanntwerden seiner Kandidaturbestrebungen nicht sein lassen und vertragliche Verpflichtungen erfüllen wollen. Das zeugt davon, dass seine Noten für dieses Verhalten und Verständnis nur ungenügend ausfallen. Der Bundespräsidentenkandidat Gauck hat es auch verstanden, vertragliche Verpflichtungen zu einem frühen Ende zu bringen um frei zu sein für Amt und Land.

Kein Mensch ist unfehlbar. Steinbrück vermittelt den Eindruck nah dran zu sein an der Unfehlbarkeit. Was bleibt ist die Alternativlose - mit Fehlern.

Samstag, 27. Oktober 2012

Neokonservativ

München. Abseits des Tagesgeschäfts stellen sich politische Kommentatoren bereits die Frage, was von Angela Merkel im historischen Kontext haften bleibt. Mit Blick auf ihr Wirken in der Union sprechen nicht wenige von einem Verlust an Werten. Der fehlende Markenkern mache die Union für Stammwähler unattraktiv. Ich stelle mir heute daher die Frage, was ist neokonservativ.

Auch in meinem 15. Jahr in der CSU pflege ich auf die Frage nach dem Grund für meine Mitgliedschaft ausweichend zu antworten. Niemals habe ich bewusst gesagt, ich sei konservativ. Meist erkläre ich mich dem linksliberalen Flügel der CSU zugehörig und beizeichne mich gleichzeitig als dessen einziges Mitglied. In vielen Teilen ist mir die Union fremd. 

Doch kehren wir zurück zur Eingangsfrage und blicken auf das Wirken Angela Merkels innerhalb der Partei. Nach dem Bruch mit Kohl vor 13 Jahren hat sie die Union kontinuierlich erneuert. Im Rückblick auf ihre Kanzlerschaft wird dies neben ihrem Regierungswirken haften bleiben. Kritker summieren häufig den Atomausstieg, die Abschaffung der Wehrpflicht, die Einführung von Kinderbetreuung im frühsten Alter, die Unterstützung der Südeuropäer in der aktuellen Krise und viele andere Punkte zum genannten Markenkernverlust. Innerhalb der Union stellen sich viele dennoch die Frage, weshalb die Partei gerade mit Blick auf die Großstädte offenbar nicht im 21. Jahrhundert angekommen ist. Gerade die Wahl von Fritz Kuhn zum OB von Stuttgart wird beleghaft hierfür aufgeführt. Eine Rückkehr zu den alten Werten wird, auch von vielen jungen Mitstreitern, gefordert.

Häufig werfe ich meiner Partei, der CSU, vor, diese Merkel'schen Sprünge nur halbherzig nachempfunden zu haben. Tatsächlich stimme ich im Grunde mit der Analyse der FAZ zum Wahlausgang in Stuttgart überein: Die Union wird nicht wegen ihrer programmtischen Haltung in Großstädten gemieden, sondern weil sie sich immer noch hinstellt und sich mehr oder minder dafür schämt.

Ich möchte zu meiner Partei stehen und sagen: Ja, ich bin neokonservativ. Für mich bedeutet neokonservativ die Verbindung von liberalen Ideen und einem solidarischen Fundament auf dem die Bürger ihren Staat bauen können, ohne an diesem die Vormundschaft über ihr eigenes Leben zu verlieren.

Konkret gesprochen habe ich nie verstanden, was daran konservativ ist für die Wehrpflicht einzustehen oder zu wissen, dass der Strom nicht nur aus der Steckdose kommt, sondern von (Atom-)Kraftwerken produziert wird. In diesen multipolaren Zeiten und dank dem Mangel an direkten Gegner, verbunden mit einer 'Wehrungerechtigkeit', bin ich doch froh, die Wehrpflicht aussetzen zu können. Nie wieder Krieg sollte die Losung sein und Armeen überflüssig machen. Solange  dieser Grundsatz auf der Welt nicht herstellbar ist, erscheint mir die Übergangslösung in heutiger Form sinnhaft.

Auch habe ich nie verstanden, was an dem Betreiben von AKWs konservativ ist. Wir, und gerade auch unsere derzeit hochgelobte Industrie, benötigen Energiesicherheit. Ein Energiekonzept der Zukunft kann ohne Atomkraft funktionieren. Wer das glaubt, verrät keinesfalls seinen Markenkern.

Hingegen ist Kinderbetreuung notwendig, weil es durchaus konservativ ist, vom Menschen her zu denken. Es muss, gerade in einem Staat, der vor den mächtigen Verwerfungen und Herausforderungen des demographischen Wandels steht, möglich sein, den Menschen Freiheit in der Wahl ihrer beruflichen Perspektiven zu geben und ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen.

Es wären viele weitere Beispiele möglich. Ich möchte mit einem Strauß Zitat schließen: "Konservativ sein heißt, an der Spitze des Fortschritts marschieren." Es heißt nicht, alten Zeiten nachzutrauern, an alten Programmen zu hängen und die Zukunft als etwas bedrohliches zu sehen. Es bedeutet vielmehr seine Talente selbst in die Hand zu nehmen und der Gemeinschaft damit zu dienen. Nicht der Staat sollte uns hierzu auffordern. Wir Bürger sollten aktiv an der Zukunft mitarbeiten. Die Union hat die Chance diese Gedanken zum Markenkern weiterzuentwickeln. Darin unterscheidet sie sich von den Kernen anderer Parteien, die entweder allein dem Staat oder allein dem Markt vertrauen, niemals aber den Menschen und mündigen Bürgern in den Mittelpunkt ihrer Programmtik setzen.

Sonntag, 9. September 2012

Mehr Partei wagen

München. Wer derzeit die bayerische Landeshauptstadt besucht wird an vielen Orten Plakate der Freien Wähler finden. 'Demokratie statt ESM' lautet die Forderungen und macht deutlich, dass die Freien Wähler bereits im Wahlkampfmodus gestrandet sind.

Die Freien Wähler sind in den Kommunalparlamenten durchaus eine Bereicherung, im ländlichen Raum könnte ihnen sogar die Zukunft gehören. Ihr Status als Wählergemeinschaft erlaubt ihnen deutlich freier zu entscheiden - es ist nicht verwunderlich, dass sie manchmal gleichzeitig dafür und dagegen sind .

Im Landtag Bayerns haben sie gelernt, dass es sich lohnen kann, wenn man dafür ist, dagegen zu sein. Als Protestpartei kann man sich das leisten, als verantwortungsbewußte Opposition nicht - schon gar nicht, wenn man sich höhere Weihen zutraut. 

In der aktuellen Lage braucht Deutschland, braucht Europa alle Kräfte, um zielgerichtete und lösungsorientierte Ansätze zur Bewältigung der Krise zu finden. Kluge Köpfe braucht das Land! Auf oppositionelle Protest können wir verzichten. Die Freien Wähler sollten sich dem stellen und mehr Partei wagen!

Montag, 14. Mai 2012

Eine aussterbende Art: der Stammwähler

München. Das Wahldebakel der CDU in NRW hat gezeigt, die Zahl der Stammwähler nimmt stetig ab. Mit 26% ist wohl das Heer an Stammwählern der Union voll ausgeschöpft. Doch zweifelsfrei geht es noch tiefer. Warum aber stirbt er aus, der Stammwähler?

Wer verstehen möchte warum Norbert Röttgen die Wahlen in NRW verloren hat, möge andere Blogs detailliert studieren. Vereinfacht gesagt hat er als reagierender Oppositioneller (eigentlich Mitregierender) verloren. Er konnte sich den vereinnahmenden Kräften der oppositionellen Regierenden nicht  entgegenstellen.

Das zeigte sich an vielem, allen voran, dass er sich stets verteidigte und sich genötigt sah, selbst die bestehenden Markenkerne der Union in NRW über Bord zu werfen. 

Die (Stamm-)wähler votierten anschließend lieber für das Original. Anders erklärbar ist es nicht, dass, obgleich die Union am Schulkonsens positiv mitwirkte, sie so abstürzte.

Röttgen fiel das Reagieren schwer, weil Regierende inhaltslos versprachen, was sich hinter nur schwer umsetzen lässt. Welcher Wähler bevorzugt dann nicht, die für ihn bessere, weil einfachere Variante.

Anschauungsmaterial lieferte gestern Abend Sigmar Gabriel. Er erklärte dem Jauch'schen Publikum, wer Schuld an der Krise der Staatsfinanzen trägt und warum seiner Meinung, der Merkel'sche Fiskalpakt richtig, aber ein schuldenfrei finanziertes Wachstumspakt notwendig ist. Wachstum durch Konjunkturhilfen finanziert durch die Verursacher der Krise, den Banken. 

Weil einfach einfach einfach ist, lösen wir die Krise im Handumdrehen. Freilich, wie hoch eine Bankenabgabe (oder Finanztransaktionssteuer) ausfallen kann, verschwieg er. Ebenso die Folgen für Riester-Sparer, Häusle-Bauer und Kleinaktionäre.

Wenn dabei nur Peanuts herauskommen, nichts anderes wird der Fall sein, dann doch besser noch eine Millionärssteuer französischer Bauart oben drauf. Die damit in Europa einsammelbaren Milliarden überweisen wird dann nach Griechenland, Portugal, Spanien und Süditalien, wo sie sicherlich als Almosen, mehr wird nicht zusammenkommen, dankbar für die Umsetzung großzügiger Konjunkturprogramme verwendet werden können.

Überspitzt formuliert, aber im Grunde die Wahrheit. Warum sagen Gabriel und Kraft nicht einfach, weshalb Deutschland erfolgreich durch die Krise steuert? Das Agenda 2010, Hartz IV, die Rente mit 67, der demographische Rentenfaktor, das achtjährige Abitur, die Kitas (und mehr Eltern in Lohn und Brot), die kluge Politik der Gewerkschaften, die Maßnahmen während der Bankenkrise (nicht zuletzt die Verstaatlichung maroder Banken) die wahren Gründe für diesen deutschen Erfolgsweg sind. Nichts ist davon in Südeuropa heute Realität.

Vieles von dem hat die SPD geführte rot-grüne Regierung etabliert. Anderes hat die SPD verantwortungsbewusst mitgetragen. Immer stand ihr die Union zur Seite aus der Verantwortung heraus, das Beste für das Land zu bewirken.

Sigmar Gabriel möchte eine Politik der linken Mitte in Europa. Doch nicht die Banken verantworten die hohen Staatsschulden, allein die Programmatik des Deficit spending verursachte die heutige Situation. 

Die Anpassungen sind schmerzlich und herausfordernd. Europa muss zusammenstehen und hat die einmalige Chance zusammenzuwachsen, statt nur zu wachsen. Europa kann es schaffen und obgleich es die Wähler in Deutschland nicht mögen: Entgegen den Versprechungen von Sigmar Gabriel wird es nicht kostenlos gehen. Es wird Zeit brauchen und Geld, es wird auch uns treffen.

Für die Union bedeutet es (leider) nur: Manchmal müssen die Konservativen die letzten Sozialdemokraten sein.

Montag, 7. Mai 2012

„Wanke nicht, mein Vaterland“

Gestern war Wahltag. Die Franzosen durften über ihren Präsidenten entscheiden. Ein Sozialist erstürmt den Élysée. Die Griechen wählen ihr Parlament. Links- und Rechtsradikale werden extrem gestärkt. Auch in Schleswig-Holstein kam es zum Urnengang: Die so genannte Dänen-Ampel wird in den Medien als die wahrscheinlichste Regierungsoption genannt. Vielleicht auch einfach nur, weil Dänen-Ampel ein neuer Begriff ist, der sich zu nennen medial gut macht. Dahinter steckt aber der Fakt, dass es für Schwarz-Gelb unter Führung von Jost de Jager nicht reicht. Denn eines haben alle Wahlergebnisse des heutigen Abends gemeinsam: Keine konservative Mehrheiten. Ein endgültiger Abgesang auf bürgerliche Regierungen ist sicherlich nicht angebracht. Dennoch steht die Frage im Raum, wie Christdemokraten wieder die Menschen überzeugen und Wahlen gewinnen können? Was ist geworden aus Werten wie Mut, Charisma und Lösungen? Mut und Charisma kann sich die Union von den Linken abschauen. SPD, Grüne und vor allem die Piraten führen den Beweis. Es ist mutig, soziale Netzwerke vom vorpolitischen zum politischen Raum zu erklären. Dem User aber den Eindruck zu vermitteln, direkt den Abgeordneten per Mausklick über „likes“ und „dislikes“ die Abstimmungshand zu führen, ist gefährlich. Es wirkt zwar charmant, wenn unkonventionelle, oftmals junge Politiker verkünden, sich erst gemeinsam mit der Basis eine Meinung bilden zu wollen. Aber es ist ein alter Hut, der hier aufgetragen wird. Volksparteien haben die Basisdemokratie erfunden. Um Lösungen wird gerungen, gestritten und oft auch gekämpft. Zugegeben, vielleicht nicht so transparent, aber die Lösungen liegen auf dem Tisch. Das vermisse ich bei der Neuen Linken. Nur am Ende des Tages zählt das Ergebnis. Die „meerumschlungenen“ 30,8% stehen exemplarisch dafür: Mut und Charisma reichen aus.

Samstag, 14. April 2012

Leben in der Metamodernen - selbst die Grünen werden alt

München. Ziemlich genau vor vierzehn Jahren habe ich mein erstes Amt in der CSU angetreten. Ein großer Schritt für mich, ein bedeutungsloser für die anderen. Wer sich damals politisch-konservativ engagierte, wollte die erste rot-grüne Bundesregierung verhindern und sich mehr oder minder für Helmut Kohl einsetzen. Heute steht die Welt auf dem Kopf - ein konservativer Blick auf das Leben in der Metamodernen.

Piraten, Blogs, Twitter, Facebook, Xing - nichts von dem war 1998 bekannt. Wäre Politik ohne diese heute denkbar - wohl nicht. Selbst die Grünen sehen plötzlich alt aus. Der u.a. von Julia Schramm geprägte Begriff der Metamodernen macht allen Politikern zu schaffen. Doch auf was müssen wir Bürger uns vorbereiten - was kommt?

Die Vergangenheit lehrt, Sorgen sind überflüssig. Der Abgesang auf die Etablierten ist ebenso unsinnig, wie die Hochstimmung der Neuen. Schon heute sollte jeder Partei, auch den Grünen, klar sein, dass die wahre politische Macht vom Heer der Nichtwähler ausgeht. Die Masse derer, die sich scheinbar von der Politik abgewendet hat, entscheidet künftig jede Wahl. Mal aus Protest, wie bei Stuttgart 21, mal aus temporärer Überzeugung, wie derzeit bei den Piraten.

Mir ist nicht klar, weswegen man nicht wählen geht. In Teilen der Welt lassen sich Menschen immer noch einsperren oder gar umbringen, um sich für das aktive und passive Wahlrecht einzusetzen. Die Arabellion ist das beste Beispiel hierfür.

Doch die Gesellschaft der Metamodernen ist viel stärker geprägt von Individuen, die in erster Linie ihre eigenen Interessen kennen und wahrnehmen. Diese Schnittmengenwähler werden nur dann ihr Wahlrecht ausüben, wenn sie direkt betroffen sind.

Wer die Zukunft aktiv mitgestalten möchte, muss Interesse wecken oder vielmehr Betroffenheit. Die Zukunft geht uns alle an - doch vielen am Arsch vorbei. Die Politiker müssen und können dies ändern - die Metamoderne schenkt uns die Instrumente dazu. Nutzen wir sie!

Sonntag, 1. April 2012

Der soziale Markt

München. Sigmar Gabriel, Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeiner haben heute einen bemerkenswerten Beitrag in der FAS veröffentlicht. Ihr europäischer Appell schließt mit den Worten: 'Was wir wollen, ist eine Europäisierung der Sozialen Marktwirtschaft'. So richtig die Forderung, so ungenau die Analyse, so wirkungslos die Instrumente. Der Versuch einer Antwort.

Es geht in der Finanzkrise (auch) um die Zukunft der Demokratie. Das ist richtig. Es ist aber nur eine Teilbetrachtung. Es geht vielmehr um unsere Zukunft, um die Gesellschaftsform in welcher wir künftig leben möchten. Es geht um das Haus Europa, welches wir gerade umbauen, dessen Fundament wir zu stärken suchen.

Das sozialdemokratische Trio greift zu kurz. Es wirft den politischen Verantwortungsträgern, allen voran Bundeskanzlerin Merkel, Versagen vor. Das Ende der Verschuldungspolitik wird begrüßt, das Fehlen stimulierender Anreize wird bemängelt. Die südeuropäischen Staaten und Irland werden in Schutz genommen, die kapitalistischen Verführer von Main, Hudson River und Themse verurteilt. Heilsbringer sind die europäische Finanztransaktionsteuer und die starke Regulierung der Finanzintermediäre. Der Raubtierkapitalismus wird gezähmt - die Verursacher tragen die Lasten aus Investitionsprogrammen zur Förderung der Wirtschaftsentwicklung Südeuropas, allen voran um die erdrückende Jungendarbeitslosigkeit zu reduzieren.

Klar ist: Wir brauchen Veränderung - wir müssen Verantwortung für die Vergangenheit übernehmen und uns der Zukunft stellen. Europa ist eine großartige Idee - lasst sie uns weiterentwickeln.

Die Finanzkrise ist nicht das Ende der Demokratien Europas, sie ist die Chance unserer Generation!

Zweifelsfrei ist die Bekämpfung der dramatischen Staatsverschuldung ein erster Schritt. Es ist zu begrüßen, dass die Autoren dies in aller Klarheit unterschreiben. Es ist auch richtig, dass die Verschuldung aller westlichen Industriestaaten durch die Bankenkrise ab 2007 zugenommen hat. Die kluge Wirtschaftspolitik der Großen Koalition unter Merkel hat beispielsweise damals die richtigen Entscheidungen getroffen. In dieser Hinsicht ist besonders die Entwicklung Spaniens und Irlands erschreckend. Doch wie sich zwischenzeitlich an Spanien zeigt, hat die Zahlungsmoral spanischer Kommunen und Regionen nichts mit dem Zusammenbruch amerikanischer Banken zu tun! Die Wirtschaftspolitik hat in beiden Ländern falsche Anreize gesetzt und Staat wie auch Privathaushalte in die Verschuldung gestürzt. Das Risikomanagement der Kreditinstitute hat in Teilen versagt.

Wäre es vor diesem Hintergrund nicht richtig mittels Transaktionssteuer und Regulierung das Raubtier Kapitalismus anzugreifen?

Sicherlich ist Regulierung notwendig. Doch eine globale Ökonomie verlangt nach globalen Regeln. Auch ist fraglich, ob die Besteuerung von Finanztransaktionen auf der einen Seite und der Finanztransfer zu den notwendigen und zielführenden Wachstumsinitiativen der südeuropäischen Krisenländer führt.

Problematisch scheint nicht nur der Kapitalismus. Auch die Staatswirtschaft der Südländer ist Ursache der heutigen Krisensituation. Wer mehr Soziale Marktwirtschaft fordert, der muss auch erklären, dass weniger er nach dem Staat ruft und mehr nach dem Markt. Kapitalismus und Staatswirtschaft eint Zugangsbarrieren für jeden einzelnen von uns. Auf der einen Seite das knappe Gut Kapital, auf der anderen Seite der Staat. Nicht zu wenig Staat ist in Südeuropa zu finden, sondern das Gegenteil. Ganze Bereiche des Wirtschaftslebens beschränkt oder kontrolliert er. Ineffizienzen sind die Regel.

Nur Freiheit schafft Wachstumsimpulse. Aber Freiheit bedeutet Verantwortung. Freiheit ist auch der barrierefreie Markt.

Den Zugang zu Wohlstand gewährt Bildung und diese scheint der Schlüssel für die erfolgreiche Weiterentwicklung Europas zu sein. Die Bildung zwingt wie die Freiheit zur Verantwortung des Einzelnen für die Gemeinschaft. Diese Verantwortung fehlt uns heute.

Die Staaten Europas müssen soziale Netze gewährleisten. Das ist nicht umsonst zu bekommen. Doch die Marktwirtschaft ermöglicht die notwendigen Impulse freizusetzen. Sie fordert uns auf Risiken einzugehen und wird diese Risiken vergüten. Sie gibt auch keine Blankoschecks für Banken und andere Unternehmen, wenn sie scheitern sollten.

Wir brauchen die Soziale Marktwirtschaft. Doch diese beinhaltet nicht mehr und nicht weniger als den Markt und die dazugehörige Verantwortung. Der Staat sollte sich zurückhalten.

Sonntag, 25. März 2012

Das rothe Frankfurt

München. Im Herbst 2004 unterstützte die damalige Präsidentin des Deutschen Städtetags, Petra Roth, den Stuttgarter Oberbürgermeister in seinem Wiederwahlkampf. Eine interessante Perspektive und schon damals eine Möglichkeit eine rothe Bilanz für Frankfurt zu ziehen.

Wer die damalige kleine Veranstaltung im kreativen Westen Stuttgarts verfolgte, konnte sich nicht dem Eindruck verwehren, dass beide Politiker ein Klassenunterschied trennt. Auf der einen Seite der bürgerferne Verwaltungsexperte Schuster, auf der anderen Seite die volksnahe Powerfrau aus Frankfurt.

So unterschiedlich der persönliche Eindruck auch war, so genauer sollte eine Betrachtung der Bilanz beider Oberbürgermeister sein. Stuttgarts drittes Stadtoberhaupt nach dem II. Weltkrieg konnte damals wie heute auf eine bemerkenswerte und erfolgreiche Bilanz zurückblicken. Die Stadt am Neckar hat ihre finanziellen und wirtschaftlichen Stärken genutzt und sich durchaus positiv weiterentwickelt. Stuttgart 21 wird Schusters Bilanz am Ende negativ prägen. Obgleich nicht wesentlich kleiner als Frankfurt, hat die Landeshauptstadt Baden-Württembergs ihren Ruf als Provinzstadt nicht verloren. Nicht wenige schätzen dies.

Frankfurt hat unter Roth seine Chancen genutzt und seine Stellung als Metropole mit Weltrang behauptet. Roth verantwortet dies nicht alleine. Zweifelsfrei hat sie aber an der positiven Weiterentwicklung an prägender Stelle mitgewirkt. Der streitbare Ausbau des Flughafens fällt in ihre Amtszeit ebenso wie der Verkauf der Frankfurter Sparkasse. Nicht jedem hat das gepasst.

Wie ein Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unlängst kommentierte macht gerade der Flughafen die Stadt am Main zur Metropole und unterscheidet sie von Städten wie Stuttgart. Kaum eine andere Stadt dieser Größe verfügt über eine vergleichbare Bedeutung und Anzahl an Arbeitsplätzen. Der Flughafen ist nicht weniger als der Garant für den zukünftigen Wohlstand der gesamten Metropolregion Rhein-Main.

Die wirtschaftliche Stärke Frankfurts vermochte Roth zu nutzen. Sie hat die Stadt weiterentwickelt. In der kalten Finanzmetropole hat der Kulturbetrieb an Bedeutung gewonnen. Das Städel ist ein bemerkenswertes Beispiel hierfür. Abseits der Zahlenwelt hat sich eine kleine Kreativszene etabliert, die wächst. Roth und der Magistrat haben hier Impulse gesetzt.

Die Stadt wächst nicht nur in wirtschaftlichen Belangen, sie gewinnt auch Einwohner, ein Trend der zu Beginn ihrer Amtszeit nicht absehbar war. Zog man vor zwanzig Jahren aus der Stadt auf das Land, ist es heute umgekehrt. Das Nordend, Bockenheim und Bornheim, das Deutschherrnufer und viele andere Teile der Stadt haben an Attraktivität gewonnen. Mit dem Bau der EZB auf dem Gelände der ehemaligen Großmarkthalle wird diese Entwicklung auch im Osten Frankfurts fortgesetzt.

Das Stadtbild hat sich positiv verändert. Das neue Waldstadion, der Rückgang der Kriminalität, das internationale Bild der Europastadt sind erfreulich. Frankfurt ist lebens- und liebenswert geworden - ein Verdienst Roths.

Die gebürtige Bremerin hat die Stadt am Main weiterentwickelt, sie hat ihre Talente für Frankfurt genutzt.

Mit der heutigen Wahl steht fest: Frankfurt bleibt rot(h) - auch wenn Frankfurts starke Frau das Feld einem Mann überlasst.

Montag, 27. Februar 2012

Sein Herz schlägt links – oder die erhellende Frage nach dem Grund der Krise.

München. Wer die aktuelle Tages- und Wirtschaftspresse liest und gleichzeitig nach dem Grund der Finanz- und Staatsschuldenkrise fragt, erhält keine einfache Antworten. Einzig die Linken in Deutschland scheinen in der Lage komplexe Zusammenhänge zu erklären und Lösungen zu liefern. Die sofortige Verstaatlichung aller Banken und Zentralbankgeld zu niedrigen Zinsen für alle Staaten Europas sind die zentralen Forderungen Oskar Lafontaines und seiner Partei. Warum also nicht – wenn es doch so einfach geht.

Tatsächlich sind die Forderungen alt. Tatsächlich sind sie im Kern Auslöser der heutigen Krise und nicht deren Lösungsansätze. Oskar Lafontaine stellte im März 1999 alle Ämter zur Verfügung. In der Folgezeit verfasste er ein bemerkenswertes Buch, das in einem kleinen Kapitel die Grundgedanken seiner Finanz- und Wirtschaftspolitik umreißt. Grundtenor dabei ist die Behauptung die Bundesbank und der Vertrag von Maastricht seien verantwortlich für die hohe Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik und Europa. Sowohl die Unabhängigkeit der Notenbank als auch die hohen Zinsen verhinderten ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und die Schaffung neuer Jobs. Lafontaine zitiert allen vor Keynes und ruft Paul Krugman, amerikanischer Nobelpreisträger, als Kronzeugen und Ankläger gegen die verfehlte europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik auf.

Tatsächlich konnten sich aber im Zuge der Einführung des Euros und der Aufnahme Griechenlands, Spaniens, Italiens und Portugals, gerade diese Länder in der Anfangszeit deutlich günstiger refinanzieren und profitierten von der Geldwertstabilität. In den ersten neun Jahren der Währungsunion lagen Wirtschaftswachstum und Wohlstandsmehrung in Südeuropa deutlich über den deutschen Kennzahlen. Unternehmen, Haushalte und nicht zuletzt der Staat konnten sich günstig verschulden und dadurch neue Arbeitsplätze schaffen. Allen voran das Wirtschaftswunder Spaniens schien Lafontaines Thesen recht zu geben, den hier entschuldete sich sogar der Staat noch.

Die Folgen erleben wir heute. In den Südländern herrschen kein Wirtschaftswachstum, kein Beschäftigungsaufbau, keine Wohlstandsmehrung und eine Perspektivlosigkeit die einige bestenfalls vom Zusammenbruch des ‚linken‘ Ostblocks kannten. Es zeigt sich, dass die Politik des billigen Geldes verfehlt ist. Falsche Anreize sich zu verschulden bringen Reformstau, Produktivitätsverlust und Fehlinvestitionen mit sich. Nicht umsonst sprechen einige von einer verlorenen Generation.

Doch nicht so Oskar Lafontaine. Er hält an seinen Thesen fest und fordert mit der Verstaatlichung der Banken nichts anderes als die erneute Kreditschwemme und misstraut gleichzeitig den Kräften und Fähigkeiten der einzelnen Menschen.

Nicht zu wenig Staat sondern zu viel Staat haben Griechenland, Portugal, Italien und Spanien in diese Situation gebracht. Wer vor diesen mahnenden Beispielen auch in Deutschland den Staat als die alleinig unfehlbare Instanz ruft, der beweist nur, dass die These, der Geist stünde links, nichts anderes als die permanente Wiederholung einer Dummheit ist.