Wir vertreten die MAINung, dass Politik von der Diskussion lebt. Dieser Idee haben wir unseren Blog gewidmet. Wir sind Nikolaus Barth und Daniel Müller. Langjährig in der Jungen Union/CSU aktiv und zwischenzeitlich in verschiedenen Berufen und Orten beheimatet. Wir sind unseren Wurzeln dennoch weiterhin verbunden und mit dem steten Drang sich zu Wort zu melden. Die Themen reichen vom Untermain über München und Berlin bis nach Brüssel und darüber hinaus.

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Dienstag, 31. Dezember 2013

Kabinett der Überraschungen

München. Auf das Kabinett kommt es an! Für die Ministerriege der Großen Koalition gilt das mehr denn je. Der Versuch einer Bewertung. 

Vor etwa einem Jahr wurde in Vorwahlkampfzeiten in Bezug auf Merkel und Steinbrück an dieser Stelle geschrieben: "Für sie wie auch für ihn gilt daher, nicht auf den Kanzler kommt es an, sondern auf das Kabinett."

Bei der Entstehung dieses Satz haben drei Eindrücke mitgewirkt. Zunächst der Moderationsstils Merkels in Kombination mit einer eher schwachen schwarz-gelben Regierungsmannschaft. Weiterhin die Überzeugung, dass ein Kanzler Peer Steinbrück wie Schröder nur dann funktionieren kann, wenn er ein eher rechtes Kabinett führt. Und zuletzt der Blick in die Geschichte, wo gute Regierungsarbeit ein Mannschaftsspiel war und durchaus Minister die Jahre prägten (Schiller/Strauß). 

Wie ist vor diesem Hintergrund das neue Team zu bewerten. Vier Punkte sind zu bemerken.

Tatsächlich besitzt das neue Kabinett deutlich mehr Charaktäre und Alphatiere als das letzte. Gabriel hat den Ehrgeiz, die Energiewende zu seinem Kabinettstück zu machen. Ursula von der Leyen wird alles daran setzen, um sich für die Nachfolge Merkels in Position zu bringen und Wolfgang Schäuble wird die Finalisierung des europäischen Einigungsprojekts zu seinem letzten und überrangenden Werk machen wollen. Steinmeier wird routiniert die nichteuropäische Außenpolitik Deutschland vertreten.

Überraschend war die Berufung von der Leyens zur Bundesministerin für Verteidigung. Doch nicht weniger überraschend sind eigentlich die Umbildungen. Zunächst die beiden unglücklichen NSA-Minister Pofalla und Friedrich. Für Pofalle war kein neuer Platz vergebar und er hat sich in den Augen der Kanzerlin wohl auch nicht für mehr qualifiziert als die Organisiation ihrer Umgebung bei Wegnahme einiger Aufgaben. Das wäre als Schwächung beschrieben worden und war dem Machtmensch Pofalla wohl zu wenig. Friedrich hat die Schwäche der CSU deutlich gemacht, die eher verloren als gewonnen hat. Die Einflussbereiche von Verkehrs- und Agrarministerium wurden reduziert und das Außenministerium der CSU ist wohl kaum ein Ersatz für das Innenministerium. Gefehlt haben Seehofer außer Dobrindt Vertrauensleute und ministrable Frauen. Entsprechend gering war sein Ehrgeiz in der Kabinettsbildung. Themen sind ihm wichtiger und die Sicherung der eigenen Machtposition. Zuletzt ist de Maiziere zu nennen. Er stand schon am Wahlabend am Rand und so wurde er auch als Merkel-Vertrauter aus der Schusslinie genommen. Wobei das Signal klar war: Merkel war mit seiner Leistung als Verteitigungsminister nicht besonders zufrieden und traut ihm die Lösung großer Reformvorhaben nicht mehr zu.

Bleiben die Neuen: Heiko Maas und Co sind zweifelsfrei interessante Neubesetzungen. Während Maas und Müller das Potential haben zu überraschen, wird eine andere ziemlich farblos bleiben - Manuela Schwesig. Maas hat sein Justizministerium deutlich aufgewertet und Müller wird möglicherweise mit Fleiß ähnlich überraschen, wie der FDP-Minister vor vier Jahren. Bei Dobrindt und Nahles sind Politikprofis am Werk. Hendricks und Gröhe sind eher Fragenzeichen, die sich sowohl in die eine als auch die andere Richtung entwickeln können. Auch in der zweiten Reihe sind durchaus interssante Besetzungen für die Zukunft zu finden.

Ein eigener Punkt stellt noch Peter Altmaier da. Er könnte am Ende der Erfolgsfaktor des dritten Kabinett Merkels sein. Sein Stil ist anders und so könnte er, befreit von der Geheimdienstkoordination, zum erfolgreichen Kommunikationsscharnier der Koaltion zu werden.

Freitag, 27. Dezember 2013

Zweifel sind erlaubt

Berlin. Der Koalitionsvertrag ist geschlossen und genehmigt, die Große Koalition beginnt mit ihrer Arbeit. Inhaltlich enthält der Vertrag schwere Kost. Gerade mit Blick auf die Zukunft sind Zweifel erlaubt.

Der große Wurf ist er sicher nicht. Die inhaltlichen Schwerpunkte sind abwechselnd in den Wahlprogrammen der ihn tragenden Parteien findbar. Die Union konnte Steuererhöhungen vermeiden, die Sozialdemokraten wiederum setzten mehr Sozialstaat durch. Auch die Maut wird kommen, sofern sie mit Europarecht vereinbar ist.

Bemerkenswert war die heftige Kritik am Mindestlohn während der Verhandlungen, die vor der Wahl so nicht hörbar war. Nicht weniger stark wurde die Rolle rückwärts in der Rentenpolitik kommentiert.

Angela Merkel wiederholte im Wahlkampf und davor einen Satz, mit welchem sie die Bedeutungslosigkeit Deutschlands und Europas im Vergleich zur pazifischen Übermacht skizzierte. Europa stelle 7-8% der Weltbevölkerung, erarbeite 25% des globalen Bruttoinlandsprodukts und verteile 50% der weltweiten Sozialausgaben. Da wir Deutschen alleine nur etwas mehr 1% der Weltbevölkerung sind, müsse unsere Antwort auf den Bedeutungsverlust mehr Europa heißen. 

Das ist richtig und gut analysiert. Doch die Überlegung stammt angeblich nicht von Merkel selbst. Viel mehr hält sich das Gerücht, die Feststellung stamme aus China, verbunden mit der Frage ob die demokratische Zustimmung zur Regierungspolitik in Europa von der Höhe der Sozialausgaben abhänge.

Der aktuelle Koalitionsvertrag steht mehr für soziale Verteilung und Gerechtigkeit als für zukunftsorientierte Politik. Gerade damit  wurde die sozialdemokratische Zustimmung erreicht. Freilich werden unsere europäischen Nachbarn steigenden Reallöhne und Arbeitskosten in Deutschland und weniger Agenda 2010 gutheißen, nimmt es doch Wertbewerbsdruck von diesen Ländern. Mittelfristig gesehen ist es falsche Weg. 

Die demographische Entwicklung trifft Europa und primär Deutschland demnächst mit voller Härte. Die Energiewende - einer der besseren Teile des Vertrags - ist eine Herkulesaufgabe. In Lissabon wurde 2001 eine Strategie verabschiedet, die Europäische Union innerhalb von zehn Jahren zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Wir sind meilenweit davon entfernt. Vor diesem Hintergrund sind Zweifel erlaubt, ob uns die Große Koalition näher an dieses Ziel bringt.