Wir vertreten die MAINung, dass Politik von der Diskussion lebt. Dieser Idee haben wir unseren Blog gewidmet. Wir sind Nikolaus Barth und Daniel Müller. Langjährig in der Jungen Union/CSU aktiv und zwischenzeitlich in verschiedenen Berufen und Orten beheimatet. Wir sind unseren Wurzeln dennoch weiterhin verbunden und mit dem steten Drang sich zu Wort zu melden. Die Themen reichen vom Untermain über München und Berlin bis nach Brüssel und darüber hinaus.

Viel Freude beim Lesen!

Dienstag, 31. Dezember 2013

Kabinett der Überraschungen

München. Auf das Kabinett kommt es an! Für die Ministerriege der Großen Koalition gilt das mehr denn je. Der Versuch einer Bewertung. 

Vor etwa einem Jahr wurde in Vorwahlkampfzeiten in Bezug auf Merkel und Steinbrück an dieser Stelle geschrieben: "Für sie wie auch für ihn gilt daher, nicht auf den Kanzler kommt es an, sondern auf das Kabinett."

Bei der Entstehung dieses Satz haben drei Eindrücke mitgewirkt. Zunächst der Moderationsstils Merkels in Kombination mit einer eher schwachen schwarz-gelben Regierungsmannschaft. Weiterhin die Überzeugung, dass ein Kanzler Peer Steinbrück wie Schröder nur dann funktionieren kann, wenn er ein eher rechtes Kabinett führt. Und zuletzt der Blick in die Geschichte, wo gute Regierungsarbeit ein Mannschaftsspiel war und durchaus Minister die Jahre prägten (Schiller/Strauß). 

Wie ist vor diesem Hintergrund das neue Team zu bewerten. Vier Punkte sind zu bemerken.

Tatsächlich besitzt das neue Kabinett deutlich mehr Charaktäre und Alphatiere als das letzte. Gabriel hat den Ehrgeiz, die Energiewende zu seinem Kabinettstück zu machen. Ursula von der Leyen wird alles daran setzen, um sich für die Nachfolge Merkels in Position zu bringen und Wolfgang Schäuble wird die Finalisierung des europäischen Einigungsprojekts zu seinem letzten und überrangenden Werk machen wollen. Steinmeier wird routiniert die nichteuropäische Außenpolitik Deutschland vertreten.

Überraschend war die Berufung von der Leyens zur Bundesministerin für Verteidigung. Doch nicht weniger überraschend sind eigentlich die Umbildungen. Zunächst die beiden unglücklichen NSA-Minister Pofalla und Friedrich. Für Pofalle war kein neuer Platz vergebar und er hat sich in den Augen der Kanzerlin wohl auch nicht für mehr qualifiziert als die Organisiation ihrer Umgebung bei Wegnahme einiger Aufgaben. Das wäre als Schwächung beschrieben worden und war dem Machtmensch Pofalla wohl zu wenig. Friedrich hat die Schwäche der CSU deutlich gemacht, die eher verloren als gewonnen hat. Die Einflussbereiche von Verkehrs- und Agrarministerium wurden reduziert und das Außenministerium der CSU ist wohl kaum ein Ersatz für das Innenministerium. Gefehlt haben Seehofer außer Dobrindt Vertrauensleute und ministrable Frauen. Entsprechend gering war sein Ehrgeiz in der Kabinettsbildung. Themen sind ihm wichtiger und die Sicherung der eigenen Machtposition. Zuletzt ist de Maiziere zu nennen. Er stand schon am Wahlabend am Rand und so wurde er auch als Merkel-Vertrauter aus der Schusslinie genommen. Wobei das Signal klar war: Merkel war mit seiner Leistung als Verteitigungsminister nicht besonders zufrieden und traut ihm die Lösung großer Reformvorhaben nicht mehr zu.

Bleiben die Neuen: Heiko Maas und Co sind zweifelsfrei interessante Neubesetzungen. Während Maas und Müller das Potential haben zu überraschen, wird eine andere ziemlich farblos bleiben - Manuela Schwesig. Maas hat sein Justizministerium deutlich aufgewertet und Müller wird möglicherweise mit Fleiß ähnlich überraschen, wie der FDP-Minister vor vier Jahren. Bei Dobrindt und Nahles sind Politikprofis am Werk. Hendricks und Gröhe sind eher Fragenzeichen, die sich sowohl in die eine als auch die andere Richtung entwickeln können. Auch in der zweiten Reihe sind durchaus interssante Besetzungen für die Zukunft zu finden.

Ein eigener Punkt stellt noch Peter Altmaier da. Er könnte am Ende der Erfolgsfaktor des dritten Kabinett Merkels sein. Sein Stil ist anders und so könnte er, befreit von der Geheimdienstkoordination, zum erfolgreichen Kommunikationsscharnier der Koaltion zu werden.

Freitag, 27. Dezember 2013

Zweifel sind erlaubt

Berlin. Der Koalitionsvertrag ist geschlossen und genehmigt, die Große Koalition beginnt mit ihrer Arbeit. Inhaltlich enthält der Vertrag schwere Kost. Gerade mit Blick auf die Zukunft sind Zweifel erlaubt.

Der große Wurf ist er sicher nicht. Die inhaltlichen Schwerpunkte sind abwechselnd in den Wahlprogrammen der ihn tragenden Parteien findbar. Die Union konnte Steuererhöhungen vermeiden, die Sozialdemokraten wiederum setzten mehr Sozialstaat durch. Auch die Maut wird kommen, sofern sie mit Europarecht vereinbar ist.

Bemerkenswert war die heftige Kritik am Mindestlohn während der Verhandlungen, die vor der Wahl so nicht hörbar war. Nicht weniger stark wurde die Rolle rückwärts in der Rentenpolitik kommentiert.

Angela Merkel wiederholte im Wahlkampf und davor einen Satz, mit welchem sie die Bedeutungslosigkeit Deutschlands und Europas im Vergleich zur pazifischen Übermacht skizzierte. Europa stelle 7-8% der Weltbevölkerung, erarbeite 25% des globalen Bruttoinlandsprodukts und verteile 50% der weltweiten Sozialausgaben. Da wir Deutschen alleine nur etwas mehr 1% der Weltbevölkerung sind, müsse unsere Antwort auf den Bedeutungsverlust mehr Europa heißen. 

Das ist richtig und gut analysiert. Doch die Überlegung stammt angeblich nicht von Merkel selbst. Viel mehr hält sich das Gerücht, die Feststellung stamme aus China, verbunden mit der Frage ob die demokratische Zustimmung zur Regierungspolitik in Europa von der Höhe der Sozialausgaben abhänge.

Der aktuelle Koalitionsvertrag steht mehr für soziale Verteilung und Gerechtigkeit als für zukunftsorientierte Politik. Gerade damit  wurde die sozialdemokratische Zustimmung erreicht. Freilich werden unsere europäischen Nachbarn steigenden Reallöhne und Arbeitskosten in Deutschland und weniger Agenda 2010 gutheißen, nimmt es doch Wertbewerbsdruck von diesen Ländern. Mittelfristig gesehen ist es falsche Weg. 

Die demographische Entwicklung trifft Europa und primär Deutschland demnächst mit voller Härte. Die Energiewende - einer der besseren Teile des Vertrags - ist eine Herkulesaufgabe. In Lissabon wurde 2001 eine Strategie verabschiedet, die Europäische Union innerhalb von zehn Jahren zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Wir sind meilenweit davon entfernt. Vor diesem Hintergrund sind Zweifel erlaubt, ob uns die Große Koalition näher an dieses Ziel bringt.

Samstag, 9. November 2013

Großes wagen

Hamburg. Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass die Parteien in diesem Wahlkampf derart weit programmatisch auseinandertreiben? Nachdem strittige Themen wie Atomausstieg, Kinderbetreuung, Aussetzung der Wehrplicht und der Abzug aus Afghanistan keine Rolle mehr spielten, weitesgehend Einigkeit über die Behandlung des deutschen Haushaltsdefizits (Schuldenbremse) bestand, konnte eigentlich nur noch die Bekämpfung des europäischen Schuldeninfernos für Streit sorgen. Doch auch hier waren es eher Nuancen der Abweichung, hatte doch der Bundestag meist in großer Mehrheit die Regierungspolitik mitgetragen. Es kam anders.

SPD und Grüne starteten den Versuch die Linken links zu überholen und die Liberalen wurden nach innerparteilischen Problemen von rechts außen aus dem Bundestag gefegt. Die Handschrift Merkels war im Programm der CDU erkennbar. Es geht uns gut, also warum sollten wir wesentliches ändern, Mütterrente ja, Mietpreisbremse warum nicht und ein weiteres Fordern und Fördern in Europa. Alle Parteien blendeten die großen Zukunftfragen unserer Zeit weitesgehend aus. Die Energiewende taugte weniger zum ideologischen Streit. 

Warum dieser dennoch ausgetragen wurde und das bei scheinbar nachrangigen Themen wie Autobahnmaut für Ausländer und Betreuungsgeld ist vor allem durch Personen und der Vergangenheit begründbar. Auf Basis der Programme ist streng genommen einzig eine rot-rot-grüne Koalition möglich - zumindest wenn man Außen- und Europapolitik ausblendet. Deutlich zeigt sich dies in den Nachwehen bei den Grünen, die sich in die parteipolitischen Schützengräben zurückgezogen und schon wieder auf Angriff geschaltet haben. Bei der SPD könnte es noch im Chaos enden, wenn am Ende die Parteibasis den Koalitionsvertrag mehrheitlich ablehnt. Probleme hat die Führung aber auch, wenn es keine klare Zustimmung gibt. 

Nun also die GroKo. Deutschland droht der große Konsens. Die große Koalition mag unter Wählern beliebt sein, sie ist in aller Regel die denkbar schlechteste Variante für Demokratie und die beteiligten Parteien. Zwar haben die beiden bisherigen Koalitionen vorzeigbare Ergebnisse geliefert, doch sie mussten damals aus der krisenbedingten Notwendigkeit heraus etwas Großes wagen.

Diesmal ist es anders - nicht die Krise zwingt sie dazu, die Gesellschaft ist es. Es gibt eigentlich nur eine Möglichkeit aus den programmatischen Stellungen gesichtswahrend herauszukommen ohne im Kosensbrei zu enden - der große Wurf: Eine große Steuerreform, die das System vereinfacht und Ungerechtigkeiten lindert (Stichwort: ermäßigter Mehrwertsteuersatz), eine energiepolitische Vision, die Preise unter Wettbewerb stellt und Subventionen abbaut, ein integriertes Verkehrskonzept für Deutschland (und Europa), welches Bahn, Flugzeug und Auto als Nebeneinander versteht und verzahnt, eine große Rentenreform, welche Bund, Länder und Kommunen von der immensen Pensionslast langfristig entlastet und die Rente zu einer mehr kapitalgedeckten und damit planbareren Einrichtung macht, eine Gebietsreform auf Bundesebene, welche die Kosten (oder Anzahl) der Länder verringert ohne ihnen ihre Identität zu nehmen und natürlich ein gestärktes Europa, das zwar weniger staatliche Souveränität bedeutet, aber gleichzeitig das Kirchturmdenken beendet und Europa eine Chance gibt. Gerade hier wäre unendlich viel anzustoßen: Nach Währungsunion wäre ein Verteidigungsunion sinnvoll, die den Charme hätte staatliche Militätausgaben zu senken und Frieden und Freiheit unumkehrbar macht. Europa könnte sein Budget- und Fiskalrecht ändern und damit dem Gebilde die Möglichkeit einräumen selbstständig Steuern zu erheben, beispielsweise ein Anteil an der Mehrwertsteuer, um damit Wachstumsimpulse zu setzen oder die Schuldenumverteilung zu ermöglichen und natürlich um nicht jedes halbe Jahrzent bei den Staats- und Regierungschefs um eine Zustimmung zur Finanzierung der Union betteln zu müssen. 

Alles Einzelthemen die in ihrer Gesamtheit einen neuen Weg darstellen. Viele dieser Themen würde eine Partei alleine überfordern und in Existenznöte bringen. Nur der Schnittmenge der besten Politiker wäre es möglich diese Themen zu benennen und Lösungswege aufzuzeigen bzw. umzusetzen. Es ist ein weiter Weg, aber jede Reise beginnt mit einem ersten Schritt. Lasst uns einen großen wagen.

Freitag, 1. November 2013

Merkels Fukushima II

Klingenberg/Main. Angela Merkel vorzuhalten, sie hätte kein eigenes Fundament, Programm oder Wertvorstellungen ist unsinnig. Die Bundeskanzlerin ist geprägt von einer Freiheitsliebe, die anderswo kaum ortbar ist. Ferner macht sie Politik als Physikerin unter Abwägung von Eintrittswahrscheinlichkeiten, teilweise zurückhaltend, aber dann doch meist klar fokusiert auf das, was machbar scheint und dem Menschen dient ohne die Risiken zu ignorieren. Dieser Politikstil lässt sie als zaudernd wirken, nur exogene Schocks vermögen ihr Fundament zu kippen. Fukushima war ein solcher, ein zweites Fukushima kam gerade hinzu oder war es schon das dritte oder vierte?

Lediglich Joachim Gauck scheint eine noch größere Freiheitsliebe unter der ersten Reihe der Politik zu besitzen. Sowohl er als auch Merkel wurden durch die DDR geprägt. Die Freiheit schenkte beiden uneingeschränkte Möglichkeiten, wie sie in der DDR niemals vorstellbar waren - zumindest für diese beiden. Bei der Bundeskanzerlin war in den ersten fünfzehn Jahren ihres politischen Wirkens in der noch jungen gesamtdeutschen Republik die Staatsferne spürbar. Ein tiefes Misstrauen gegenüber dem Staat verbunden mit liberalen Grundgedanken. Der Leipziger Parteitag ist das bekannteste Beispiel hierfür. Ein neokonservatives (nicht neoliberal im ureigenen Sinn der Definition) Programm, das dem Staat eine ordnente Haltung zuwies, aber den Menschen die Freiheit schenkte, das beste aus dem jeweiligen Leben zu machen. Diese Liberalität prägt sie bis heute, gleichwohl sie natürlich unter dem Eindruck der verlorenen Wahlen von 2002 und 2005 und den Erfahrungen der Finanzkrise dieses Programm niemals mehr vertreten wird. Und wahr ist auch, dass sie unter Berücksichtigung der Interessen der Mehrheit der Parteimitglieder (Stammwähler) von CDU/CSU nur langsam ihre linksliberale Gesellschaftswahrnehmung in reale Politik umsetzen kann.

Ausnahmen bilden exogene Schocks, die die Physikerin zu einem Umdenken zwingen. Das erste Beispiel war Fukushima im Frühjahr 2011. Im Wahlkampf 2009 hatte die Kanzerlin für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraft in Deutschland geworben, wohl wissend, dass die Energiewende zwar notwendig ist, aber die bisherigen Fortschritte alles andere als ausreichen. Sie hielt die Verlängerung für machbar unter der Voraussetzung von erheblichen Nachrüstungen der bestehenden Kraftwerke und durch die Möglichkeit ein Teil der Kosten der Energiewende durch die Brückentechnologie der abgeschriebenen Meiler zu finanzieren. Das Restrisiko war für sie theoretisch und beherrschbar. Natürlich in erster Linie von den Industrienationen mit ihren hohen technischen Standards. Fukushima bewies das Gegenteil, das Restrisiko ist nicht vollständig ausschließbar und die Eintrittswahrscheinlichkeit höher als gedacht. Merkels Energiewende wurde umgekehrt und radikal. Ein für sie logischer Schritte.

Im Sommer wurden wir Deutsche wiederum aufgeschreckt. Die Datenaffäre der NSA machte Schlagzeilen. Abhören und Spionieren unter Freunden, das gehört sich nicht. Doch Merkel hielt es für unwahrscheinlich, dass die Vereinigten Staaten gezielt abhörten. Der Datencheck war für sie zur Vermeidung von Terroranschlägen akzeptierbar, nachrichtendienstliche Ermittlungen mit der Demokratie vereinbar, sofern gezielt nach Schlagworten gesucht wurde und nur Terrorverdächtige verfolgt wurden. Die Wahrscheinlichkeit, dass andere Dienste in Deutschland politische und persönliche Spionage betreiben, ausschließbar, ein Restrisiko blieb. Die Veröffentlichungen des Spiegels müssen bei Merkel eingeschlagen haben wie eine Bombe. Ausgerechnet die von ihr bewunderten USA haben da weiter gemacht, wo man glaubte das mit dem Untergang der DDR dergleichen für immer vorbei sei. Abhören unter Freunden, dass geht gar nicht. Der 11. September genügt nicht als Erklärung, das Vertrauen ist missbraucht und Merkel leider um ein Fukushima reicher.

Merkels Fukushimas tragen viele Chiffren: Helmut Kohls Spendenaffäre, die Finanz- und Eurokrise, die verlorene Wahl 2005. Alles exogene Schocks, der Eintrittswahrscheinlichkeiten gering waren und das Restrisiko beherrschbar schien.

Sonntag, 20. Oktober 2013

Wiederholt gescheitert

Berlin. Die Grünen haben in der vergangenen Woche die Sondierungsgespräche mit der Union beendet und gegen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen gestimmt. Gleichzeitig beweisen sie mit ihrer Analyse nur wenig dazu gelernt zu haben. Schade eigentlich.

Gefühlt waren die Grünen im Vorjahr nah dran am Regierungswechsel. Mit stabilen Umfrageergebnissen von über 15% und fortlaufenden Erfolgen auf Landesebene war die Enttäuschung am Wahlabend groß. Nur die viertgrößte Fraktion zu stellen, die Vorhersagen nahezu halbiert zu haben, gab es niemanden bei den Grünen, der das Ergebnis umdeuten konnte. Die Niederlage schickte sie in eine Krise und verhinderte die Bereitschaft der Grünen, ernsthaft über eine Koalition mit den Schwarzen nachzudenken. 

Doch die Grünen waren alles andere als vorbereitet und drohen sich nun in einem Lagerkampf zu verzetteln. Teilweise abenteuerlich ist die Begründung der Wahlniederlage. Trittin meinte, die Wähler seien noch nicht bereit für das Wahlprogramm gewesen. Fehlerhaft waren die Wähler, die Partei hat immer recht. Das gilt in Stuttgart wie in Berlin.

Unter der Maximalforderung scheint es für viele, allen voran für die Linken innerhalb der Grünen, nicht zu gehen. Der Atomausstieg ist kein Hinderungsgrund für ein schwarz-grünes Bündnis mehr. Auch in vielen anderen Bereichen sind die Differenzen geringer geworden. Doch die Gräben zwischen beiden scheinen immer noch tief und die alte wie neue Führung möchte den Mitgliedern kein Zuschütten dieser Gräben zumuten. Das ist ein Fehler.

Die Geschichte zeigt, die Grünen standen sich in dieser Sache häufig selbst im Weg. Schon in den 1980er Jahren warnte Joschka Fischer seine Grünen, nicht mit überzogenen Forderungen den Atomausstieg zu gefährden. Es kam anders und die Kraftwerke laufen heute noch. Viele Grünen sind auf dem Weg zurückgeblieben, weil sie sich der Politik ihrer Linken nicht mehr weiter anschließen konnten. Andere wurden regelrecht durch die Regularien rausgewählt. Oswald Metzger, Christine Scheel, Reinhold Bütikofer oder Fritz Kuhn sind nur einige Namen auf dieser Liste.

Wie Michael Spreng (sprengsatz.de) richtig analysiert, gab es eine große Chance für schwarz-grüne Perspektiven auf Landes- und damit Bundesebene. In Baden-Württemberg verhinderte lediglich eine Kamikazeaktion des schwarzen Fraktionsvorsitzenden, dass die beiden Parteien 2006 Koalitionsverhandlungen vereinbarten. An den Folgen leiden heute beide. Zuletzt radikalisierten sich die Grünen und vertieften den Graben einseitig, wo die anderen schon mit dem Zuschütten begannen.

Ein idealtypisches Beispiel bildet Kathrin Göring-Eckardt, die Wandlungsfähige. Besonders beliebt scheint sie bei dem sozialdemokratischen Wunschpartner nicht zu sein, sonst würden deren Spitzenkräfte ihren Namen häufiger richtig schreiben. Sie stand lang an der Spitze des Fortschritts, war die grüne Streiterin für die Schröder'sche Agendapolitik. Danach tauchte sie acht Jahre lang im Bundestagspräsidium unter, um wieder aufzusteigen und zur starken Frontfrau zu werden. Diesmal ist ihr Weg allerdings ein anderer, heute steht sie für den erziehenden und verteilenden Staat.

Schwarz-grün war und ist eine Chance für dieses Land. Die Überschneidungen sind groß, die Aufgaben wie für beide Partner gemacht. Bewegen müssen sich beide. Es bleibt die Hoffnung, dass es im Politiklabor Hessen zu dem kommt, was dort kaum einer für möglich hielt: Eine schwarz-grüne Perspektive.

Sonntag, 6. Oktober 2013

Zum Ergebnis der FDP: Der Präzedenzfall

München. Das Ausscheiden der liberalen Partei aus dem Bundestag zwingt zu einem historischen Vergleich und stellt die Frage nach dem Warum? Der Versuch einer Antwort.

Tatsächlich muss man nicht allzuweit in der Geschichte des Bundestages zurückgehen um einen ähnlichen Fall zu finden. Vor gut zehn Jahren flog die damalige PDS aus dem Bundestag (sie behielt zwei Direktmandate) und war danach ausschließlich in den ostdeutschen Landesparlamenten vertreten. Nicht wenige stellten die Existenz der Partei damals in Frage. Doch die PDS konnte verwandelt und gestärkt in den Bundestag zurückkehren und gilt heute als etabliert, gleichwohl sie einen großen Teil des politischen Personals behielt.

Natürlich hinkt dieser Vergleich. Doch so ungleich die Parteien und deren Ausgangslage auch waren, so sehr ähneln sich die Fragestellungen. 2002 war die Agenda 2010 nicht vorsehbar und beide Parteien, vor allem aber die FDP, haben Erfahrungen im außerparlamentarischen Umfeld. Ihr sind Aus- wie Einzüge in Parlamente vertraut. In die Zukunft geblickt ist der Abgesang zu früh und sicherlich werden wir in vier Jahren feststellen, wir brauchen eine liberale, freiheitliche Partei als Gegengewicht zu den linken Wettbewerbern.

Doch die Frage des Warums steht noch im Raum. Weitestgehend ist sie erörtert und kommentiert. Der eine mag dem Personal und den damit verbundenen Streitigkeiten den Grund zuschieben, andere sagen die Politik besser der Politikstil war verbesserungswürdig.

Wahr ist das alles. Wahrscheinlich ist die Partei aus der Zeit gefallen. Der Zeitgeist ist alles andere als liberal und marktwirtschaftlicht. Das ist aber der Markenkern der Partei. Wenn andernorts die Partei noch zur Bestätigung der Regierung benötigt wurde (siehe Niedersachsen), so war das in Bayern und im Bund scheinbar nicht mehr nötig. Doch anders als die Grünen hat der FDP der Mut zur Weiterentwicklung gefehlt. Nicht das die Grünen richtig lagen, aber sie haben es zumindest gewagt.

Nicht so die FDP. Die Partei trat pragmatisch auf der Stelle, gefühlt gab es keine neuen Punkte. Die großen Themen unserer Zeit, die keine der anderen Partei besetzte, blieben liegen: Der demographische Wandel, eine große Steuerreform, ein gesamtes und abgestimmtes Verkehrskonzept für Deutschland und Europa und nicht zuletzt eine Weiterentwicklung des Gesundheitswesens.

Was hinzukam ist weitesgehend andernorts beschrieben. Die nächsten vier Jahren bieten genug Chancen für die Liberalen die richtigen Themen zu finden und zu besetzen. Eine kritische Begleitmusik von dieser Stelle wird sichergestellt.

Sonntag, 29. September 2013

Nach der Wahl ist vor der Wahl

München. Wer Sieger, wer Verlierer der Bundestagswahlen von vergangenem Sonntag war musste nicht lange ermittelt werden. Der siegreichen Union standen im Grunde nur noch Verlierer gegenüber. Doch am Ende dieser Woche fragt man sich, ob nicht alle als Verlierer darstehen. Daher ein Aufruf: Macht endlich Politik!

Schaut man auf das Ergebnis des Urnengangs so sind einige Punkte bemerkenswert festzuhalten. Erstens konnte die Union trotz steigender Wahlbeteiligung zulegen. Das ist umso wichtiger, weil es als Beleg für einen echten Wahlsieg zu werten ist. Zweitens gibt es nach dieser Wahl nur eine parlamentarische, linke Mehrheit, das Ergebnis belegt ein anderes Votum (Union, AfD, FDP und Freie Wähler vereinigen 50% + X der Zweitstimmen auf sich). Drittens wurde die Regierung einseitig bestätigt, der liberale Teil abgewählt. 

Die Wähler votierten für eine Fortsetzung der Regierungsarbeits Angela Merkels ohne Änderung der Vorzeichen. In Zeiten der Krise wünscht man sich eine Große Koalition. Soweit so gut und soweit geht auch die Einigkeit der meisten Kommentatoren. Nicht selten wird diese Variante auch als Wunschversion der Mehrheit der Deutschen genannt.

Nun könnte es sie wiedergeben und wer sich an 2005 erinnert, der erkennt bemerkenswerte Ähnlichkeiten. Die Koalition wird keine Liebesheirat und am Ende muss eine Partei rote Linien überschreiten. Doch auch hier gilt: Wie 2005 werden beide potentielle Koalitioniere nachgeben und Teile ihrer Wählerschaft enttäuschen müssen. Das ist kein Betrug, das ist Demokratie, das ist Politik!

Doch wo fängt Wahlbetrug an? Wer vorher eine Koalition ausschließt macht dies aus programmatischen Gründen, weil er die Gesamtausrichtung des Anderen in Gänze ausschließt. Wer hinterher das Gegenteil macht, ist sicherlich nicht ehrlich gewesen. Wer vor der Wahl gewisse Progammpunkte bekämpft und sie hinterher in einer Koalition umsetzt, ist der auch nicht ehrlich? Zumindest handelt er gegen seine Überzeugung. Doch zu einer Demokratie gehört es nun einmal, dass der Konsens die Mutter aller Entscheidungen ist.

Macht also Politik! Handelt für die Menschen, streitet Euch um die Inhalte und holt das Beste raus für unser Land und Europa! Dann gewinnen alle ein bißchen. Der Wahlkampf ist vorbei.

Sonntag, 22. September 2013

Ja, ich wähle Angela Merkel

Ja, ich werde Angela Merkel heute meine Stimme geben. Natürlich könnte ich es mir einfach machen, erklären, aus Gründen der Farbgebung meiner politischen Grundüberzeugung sei meine Wahl alternativlos. So einfach ist es nicht. Täglich grüßt der Zweifel, wirkt die Enttäuschung mit, dass in den letzten vier Jahren nicht alles gut lief und manches auch einfach falsch war.

Doch Merkel ist für mich keinenfalls das kleinere Übel. Sie hat mich häufig überzeugt, vor allem weil sie bei vielen Fragen nicht sofort eine Antwort hatte, sich auch der Mehrheit ihrer Fraktion anpassen kann und trotzdem letztlich oftmals mit sich selbst in der Diskussion nach dem richtigen Weg stand.

Gut fand ich die Aussetzung der Wehrpflicht, das Geben und Fordern in der Eurokrise, die beginnende Sparpolitik und die klare Hinwendung zur Energiewende, gleichwohl diese Herkulesaufgabe eines politischen Konsens, die Toppriorität der nächsten vier Jahre werden muss. Die Familienpolitik begrüße ich, wenn ich auch über das Betreuungsgeld aus Sicht des Großstädters streiten würde, so halte ich diesen Kritikpunkt häufig für völlig überbewertet.

Heute geht es dennoch um eine Richtungsentscheidung. Deutlicher denn je sind die Unterschiede zwischen den Lagern zu erkennen. Dabei geht es auch um die Frage, möchte ich einen starken Staat, der mir die Grundzüge meines Lebens vorgibt, oder traue ich mir zu mein Leben selbst zu gestalten.

Vor diesem Hintergrund müsste ich mir die FDP anschauen und sie ggf. zu meiner Wahl machen. Doch ich laste dieser Partei eine Vielzahl der handwerklichen Regierungsfehler der letzten vier Jahre an. Viel zu viel blieb liegen, wurde der guten Konjunktur geopfert. Allen voran in der Gesundheitspolitik hätte man die Weichen für den demographischen Wandel stellen müssen. Die Zwei-Klassen-Medizin wird es immer geben, man kann die Unterschiede nur verkleinern. Das System zu verbessern ist eine Hausaufgabe der neuen Regierung.

Die Sozialdemokraten und Steinbrück kann ich nicht wählen. Der Kanzlerkandidat, ist weit nach links gerückt, soweit, dass seine eigenen Überzeugungen nicht mehr sichtbar sind. Er vertritt heute das Gegenteil von dem, was er früher für richtig erklärt hat. Er hat seine Wirtschafts- und Finanzkompetenz an die SPD abgetreten. Steinbrück hat dadurch seine Glaubwürdigkeit und seine Stärke verloren. Bei der SPD hat man das Gefühl, dass viele zwischenzeitlich in der Zentrale abwarten, ob sie ihrem Kanzlerkandidaten zum Gratulieren oder Kondolieren wieder  gegenüberstehen müssen.

Die Grünen haben mich enttäuscht. Nie war eine schwarz-grüne Verbindung, gar Liebesheirat, möglicher als heute. Ich hätte sie mir nicht nur vorstellen können, nein ich habe sie mir fast gewünscht. Die Grünen als Treiber der Energiewende, als Weltverbesserer und Europaverehrer. Meine Hoffnung hieß (heißt) KGE. Doch es kam anders. Wieder Linksrutsch. Ein Wahlprogramm das nicht bürgerlich  ist, dass Deutschland verändern will. Die Grünen stehen für den erzieherischen Staat, der bevormundet. Wenn es um Steuern geht, überbieten sie Linke und SPD. Substanz zu besteuern ohne die Substanz anzugreifen ist UNMÖGLICH! Einen Bürgerentscheid zu verlieren (Stuttgart 21) und diesen hinterher nicht anzuerkennen ist enttäuschend. Wacht auf liebe Grüne, es gibt eine Zeit nach Trittin und Roth, hoffentlich!

Zur Linken kein Wort oder nur so viel: Gysi ist nur ein Kopf einer sonst kopflosen Partei.

Die Partei der Freien Wähler ist Protest pur. Solange sie sich Hubert Aiwanger unterwirft, der für alles und nichts steht, ist die Stimme für diese Partei verschenkt. 

Bleiben Piraten und AfD. Die Piraten müssen sich zunächst selbstfinden. Die AfD ist in meinen Augen eine große Gefahr. Die Partei steht für ein Gedankengut, dass mir fern ist. Sie treten mit Überzeugungen auf, die mir Sorge bereiten. Sie stehen für das Ende Europas.

Ja, ich werde Angela Merkel heute meine Stimme geben. Es gibt viel zu tun! Packen wir es an!

Samstag, 21. September 2013

Barths Zwischenruf...

...zum grünen Wahlkampfabschluss:

Krasses Verdrängen von eigenen Politikentscheidungen und der Geschichte. Vor allem Trittin lebt in einer anderen Welt. Die rot-grüne Agenda 2010 (unterstützt von schwarz-gelb) hat Deutschland gut durch die Krise gebracht. Trittin spricht gestern klar dagegen. Alles was er jetzt fordert hätte er 2005 und davor selbst umsetzen können. Rückwärts statt Vorwärts ist kein grüner Zeitgeist!

KGE ist gut, sie fordert mehr grün. Statt Steuererhöhungen sollten die Grünen das nächste Mal mehr echtes Grün wagen, sag ich nur.

Freitag, 20. September 2013

Barths Zwischenruf...

...zum gemeinsamen Wahlkampfabschluss der CDU und CSU mit Angela Merkel in München:

Vor knapp 7.000 Wählern konnten Angela Merkel und die Unionsparteien ihren Wahlkampf erfolgreich beenden. Bemerkenswert am Rande: Früher demonstrierten allerhand Gruppen  gegen die Wahlkämpferin, darunter Tierschützer, Kriegsgegner, Atomkraftgegner, Linksextreme usw. Heute fielen nur einige Befürworter der AfD auf. Leise verteilten sie ihre Werbung, hielten Plakate in die Höhe und applaudierten in Teilen als es in Merkels Rede um die Mütterrente ging.  Es geht bürgerlich zu. Dabei sollte sich niemand täuschen lassen. Drei Fragen sind der Partei zu stellen:

Bedeutet ein erzwungener Austritt einzelner Staaten aus der Währungszone nicht automatisch deren Staatsbankrott? ("Wir fordern, dass Deutschland dieses Austrittsrecht aus dem Euro erzwingt, indem es weitere Hilfskredite des ESM mit seinem Veto blockiert.")

Bedeutet eine mögliche Pleite einzelner Staate nicht eine erneute Gefahr für das europäische Bankwesen? ("In der Schuldenkrise müssen Banken ihre Verluste selbst tragen oder zu Lasten ihrer privaten Großgläubiger stabilisiert werden")

Entsteht durch einen möglichen Verlust bei Staatsanleihen und Banken durch diese Maßnahmen nicht automatisch eine Lücke in der privaten Alterversorgung und Sparanlagen vieler Bürger? 

Private Rente áde mit der AfD! Keine Alternative für Deutschland!

Samstag, 7. September 2013

Keine Alternative für Deutschland (2)

München. Vieles wurde in letzter Zeit über die Aktivitäten der AfD geschrieben, angefangen von der drohenden Unterwanderung durch Rechtsradikale bis hin zur Forderung der Parteispitze Rohdaten der Meinungsumfrageinstitute zu veröffentlichen. Kaum  einer schreibt über die Randforderungen der Partei, die unser Land verändern werden.

Veränderungen sind gut, sie gehören zum demokratischen Politikstil und sind Ausdruck der Wandelbarkeit der Gesellschaft. Doch was die AfD in diesem Land ändern möchte, wird negeative Folgen haben. 

Vor einigen Tagen war in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Anzeige des Freundeskreises der Alternative für Deutschland zu lesen. Ganzseitig wurde um Unterstützung für die neue Partei geworben und gleichzeitig eigene Forderungen zu Papier gebracht. Andere mögen sich mit den handelnden Personen auseinandersetzen, sorgenvoller sollten die Themen betrachtet werden.

Dazu zählen: Reduktion der Bundestagsmandate um über 50%, Halbierung der finanziellen Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, zeitliche Begrenzung von Abgeordnetenmandaten (nicht Regierungsämter) und Beendigung des Fraktionszwangs, sowie stärkere Überwachung der Regierung durch parlamentsfremde Verwaltungsstellen.

All das scheint auf eine Schwächung des Abgeordnetenmandats und der öffentlichen Medien zuzulaufen? Warum werden diese Forderungen erhoben?

Bisweilen ist das Gegenteil angebracht. Verfassungskonform ist das Abgeordnetenmandat nicht weisungsgebunden. Der Abgeordnete ist nur seinem Gewissen verpflichtet. Es gibt nicht umsonst eine direkte Wahl (bis zu 50% der Abgeordneten), um zu gewährleisten das es freie Bürger den Sprung in das Parlament schaffen können. 

Nicht selten wurde in den vergangenen vier Jahren über die Flut hat Gesetzesinitiativen geschrieben, die kaum von den Mitgliedern des Bundestages verdaubar ist. Weniger Abgeordnete machen es sicher nicht besser. Fraktionen ermöglichen die gemeinsame Willensäußerung der freien Abgeordneten.

Eine lebendige Demokratie sollte sich vor diesem Hintergrund den Parlamentarismus leisten, eine moderne Streitkultur fördern und die Regierenden von den Abgeordneten beaufsichtigen lassen. 

Die Forderungen des Freundeskreis zeigen nur einmal mehr, die AfD ist keine Alternative für Deutschland.

Freitag, 6. September 2013

Barths Zwischenruf...

...zur DIW-Studie Familiensplitting:

Neuerdings besteht eine große Leidenschaft darin, alle familienpolitischen Ausgaben und Segnungen des Staates unter dem Deckmantel der finanziellen Gerechtigkeit zu begutachten. Tatsächlich begünstigen Steuerfreibeträge wie auch direkte Zuwendungen Deutschlands Familien in der Mittel- und Oberschicht. Doch statt die Keule der Neiddebatte zu schwingen, wird in der aktuellen DIW-Studie ein anderes Faß eröffnet: Die finanziellen Anreize des Familiensplittings würden vor allem Frauen dieser Schichten von der Rückkehr in die Arbeitswelt abhalten. Arbeiten lohnt sich in der wirtschaftswissenschaftlichen Betrachtung nicht mehr und Grüne und SPD applaudieren unter dem Motto "Wir haben es ja schon immer gewusst". Zumindest in meiner Erinnerung haben beide durchaus mit dem Familiensplitting geflirtet. Doch Halt: Bei der Studie handelt es sich gar um eine Neuform des Chauvinismus. Dass Männer immer mehr verdienen als Frauen, mag  zwar rückwärtig stimmen, für die Zukunft wird wohl eine andere Blickweise erlaubt sein? Und woher kommt die Idee, dass der Verdienst wichtiger ist als die berufliche Selbstverwirklichung?

Familienpolitik wird sich niemals lohnen, wenn wir es unter Ausgabengesichtspunkten betrachten, sondern nur durch das Lachen vieler Kinder! Packen wir es an, es gibt noch viel zu tun!

Donnerstag, 29. August 2013

Keine Alternative für Deutschland (1)

München. Die Alternative für Deutschland findet sich in bester Gesellschaft zu Linken, Freien Wähler und Grünen und grenzt sich relativ klar zu Union und Sozialdemokraten ab. Klar deswegen, weil auch sie ein Experiment, nichts anderes ist die aktuelle Europapolitik, wie im Laborversuch beenden will und den Wählern ein Ergebnis verspricht, das sie nicht garantieren kann.

Wahr ist, dass die Verträge von Maastricht zigfach gebrochen wurden und eigentlich  Klauseln enthalten, die ein klares Vorgehen in der aktuellen Situation beschreiben: Kein Staat möge für den anderen einstehen. Doch leider funktioniert Politik nicht wie im Labor und leider laufen politische Prozesse nicht lehrbuchartig ab. Politische Entscheidungen innerhalb der Demokratie sind Konsensbildungen. Das gilt innerstaatlich und natürlich auch im europäischen Kontext.

Wahr ist, dass die Lösung der Krise Zeit braucht, viel Zeit. Schäuble spricht von einem Jahrzehnt und genau das ist ein Teil der Wahrheit. Für die Deutschen bedeutet dies in erster Linie eine solidarische Verantwortung, für alle anderen viel Geduld.

Wahr ist auch, dass es nicht kostenlos gehen wird. Doch vorzurechnen, eine Aufspaltung des Euros wäre die bessere Alternative für Europa ist zu einfach. Denn wie bei Linken, Freien Wählern und Grünen sollen die Kosten allen voran die Banken, Fonds und Spekulanten tragen. Vergessen wird dabei immer, dass auch das wir alle sind.

Wahr ist, die AfD ist keine Alternative für Deutschland.

Montag, 19. August 2013

Denk ich an die Grünen in der Nacht...

München. Der Aufschrei wäre laut. Sehr laut. Nicht auszudenken was die Zeitungen geschrieben hätten, wenn die CDU in einem Bundesland vorgeschlagen hätte, Studiengebühren von Ausländern zu nehmen. Die Grünen haben genau das getan. Und weshalb?

Die Geschichte ist schnell erzält. Die Fraktion der Grünen im Landtag von Baden-Württemberg hat genannte Vorschläge unterbreitet. Klar war, dass der kleinere Koalitionspartner, die SPD, niemals zustimmen würde. Doch was bewegt eine erfolgsverwöhnte Partei zu solchen Vorschlägen, die den ohnehin brüchigen Koaltionsfrieden gefährden und die Partei näher an die CDU heranführen? Zwingt die Macht des tatsächlichen Haushaltslochs  die Grünen zur Vernunft?

Können sich die Grünen eigentlich alles leisten ohne Sympathiewerte zu verlieren? Es scheint so. Die Grünen habe viele ihrer guten Leute an andere Parteien oder die Wirtschaft verloren. Sie treten mindestens seit zehn Jahren mit unveränderter Mannschaft an, obgleich es durchaus Skandale und Schwächephasen gab. Erneuerung scheint zweitrangig. Was zieht die Wähler zu den Grünen?

Wer mehr Steuern zahlen möchte, wählt grün.
Wer Betriebe außer Landes bringen möchte, wählt grün.
Wer donnerstags kein Fleisch willl, aber gleichzeitig den fleischfreien Freitag aus christlicher Tradition als verstaubt ablehnt, wählt die Grünen.
Wer EU-Ausländer am Studium in Deutschland hindern möchte, sollte grün wählen.
Wer gegen Fluglärm, Bahnverkehr und Feinstaub gleichermaßen ist, sollte grün wählen.
Wer islamische Feiertage haben und christliche abschaffen möchte, sollte sich an die Grünen wenden.
Wer seinen Minijob satt hat, sollte die Grünen wählen.

Und wer das alles und vieles mehr nicht will, der denkt an die Grünen in der Nacht und wählt was besseres.

Freitag, 16. August 2013

Die Supermacht

München. Die transatlantische Freundschaft wurde durch neue Begriffe wie Prism, NSA oder Überwachung belastet. Alle Bemühungen um den Datenschutz scheinen obsolet. Kann der Staat uns Bürger überhaupt noch schützen?

Zunächst stellt sich die Frage nach dem Warum? Warum verraten uns befreundete Dienste, warum arbeitet der deutsche Nachrichtendienst gegen seine Bürger. Die Antwort ist nicht einfach. Otto Schily, SPD / Bundesinnerminister a.D., hat die Angst der Bürger vor dem Staat als Hysterie gebrandmarkt. Sicher ist diese vereinfachte Darstellung falsch. Aber sein Argument regt zum Nachdenken an. In erster Linie liegt die Wurzel des Übels in der Vergangenheit. Briten und Amerikaner erlebten gleichermaßen ein Trauma, das die eigene Verwundbarkeit vor Augen führte. Auch wenn es für die alten Europäer ungewöhnlich scheint, so ist es in den USA doch als demokratischer Wille zu verstehen, dass die Mehrheit bereit ist auf bügerlicher Rechte zu verzichten, um dafür absolute Sicherheit in USA zu erhalten.

Absolute Sicherheit wird es niemals geben. Doch im Gegensatz zu dem, was viele vor 12 Jahren als Horrorszenarien ausmalten, ist die Effektivität der Dienste festzuhalten. Bemerkenswert ist das Abschreckungspotential, was sich auch durch die zwischenzeitlich bekannte Omnipräsenz erklären lässt. Den Wettbewerb um die Information scheinen die Amerikaner und Briten für sich entschieden zu haben. Bei aller Kritik sollten diese Gründe nicht unerwähnt bleiben.

Zwar folgten nicht alle europäischen Staaten den amerikanischen und britischen Freunden überall hin, doch spätestens nach den Anschlägen von Madrid, wurde die eigene Verwundbarkeit deutlich und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit stieg. Die aktuelle Zurückhaltung kritischer Kommentare in Politik und Gesellschaft trägt auch dem Wunsch nach Sicherheit, wie in den USA und Großbritannien, Rechnung.

Die USA als letzte Supermacht der bipolaren Welt und als künftig verbleibende westliche Supermacht in der multipolaren Welt müssen verantworutungsvoll damit umgehen. Langfristig können Europa und die USA nur Anziehungspunkt und Vorbild in der Welt bleiben, wenn sie in der Lage sind, die sicherheitspolitischen Ansprüchen unter Berücksichtigung der bürgerlichen Rechte einzuhalten.

Die jüngste Vergangenheit hat eine weitere Supermacht hervorgebracht, die niemandem verpflichtet ist. Edward Snowden und andere verkörpern diese. Snowden ist heute in der Lage Regierungen zu stürzen, Konflikte zu schüren und Unsicherheit zu mehren. Er hat der Wahrheit in der Sache gedient, doch muss auch die Welt lernen mit diesen neuen Supermächten umzugehn.

Samstag, 4. Mai 2013

Der Konvent

München. Der Postpalast in München war heute Schauplatz eines CSU-Parteitags neuer Gattung. Was als Konvent und Party nach amerikanischen Vorbild geplant war, verlor sich jedoch in den Schlagzeilen der Woche.

Tatsächlich war die Idee nicht schlecht und besaß das Potential einer Motiviationszündung für die Anwesenden. Die Nachrichtenlage der letzten Wochen verhinderte dies. Die Stimmung war in Ordnung, doch allein die Umrahmung des Ministerpräsidenten am Ende seiner Rede zeigte ein ungewohntes Bild. Wo sonst erfolgreiche Minister mit Zukunftsperspektive, sei es aus Bund oder Land, den passenden Rahmen bieten, standen heute mit Theo Waigel und Edmund Stoiber zwei altgediente Schlachtrösser sowie das neue dreifaltige Gewissen der Partei, verkörpert durch Landtagspräsidentin, neue Fraktionsvorsitzende im Landtag und die Landesgruppenchefin im Bund, auf der Bühne. Zwar rundete die Junge Union das Bühnenbild ab, doch die Gruppe der Übersechzigjährigen prägte es. Die offensichtlich notgetrungene Verjüngung förderte lediglich der Generalsekretär durch seine dienstliche Präsenz in Seehofers Nähe.

Auch im weiten Rund fehlte die übliche Prominenz. Die Rede des Ministerpräsidenten war handfest und ohne Überraschungen, durchaus gut. Doch sie zündete nicht. Die größte Aufmerksamkeit erhielt der Parteivorsitzende als er über die Anstregungen der vergangenen Tage, die Verfehlungen und deren Folgen sprach.

Für die CSU wird es nicht einfach. Sie wird ihrem Selbstbildnis derzeit nicht gerecht und unterstützt gleichzeitig ihre größteren Kritiker mit Material. Ein wenig scheint sie aus der Zeit gefallen zu sein und sie wirkt müde. Nicht das Programm wirkt müde, alles in allem sind die Themen zwar streitbar aber sinnvoll. Müde wirken dagegen Mannschaft und Fans.

An der Mannschaftsaufstellung wird Seehofer arbeiten müssen. Das wird er tun. Daran kann nach heute Abend kein Zweifel bestehen. Gerade die fehlenden Gesichter auf der Bühne und im Auditorium müssen sich Sorgen machen. Was Bayern und Dortmund in den nächsten Tagen im Fussball vormachen werden, muss auch Grundlage der CSU sein. Die erste Mannschaft wird nur dann erfolgreich arbeiten, wenn die zweite Mannschaft im Ernstfall als Ersatz zur Verfügung steht und gleichzeitig eine ständige Herausforderung oder Alternative für die Spitzentruppe ist. Hieran fehlt es.

Was Seehofer vor fünf Jahren begonnen hat, muss er trotz nahender Wahl oder gerade deswegen umso konsequenter verfolgen. Das ist er den Bayern schuldig und gleichzeitig ist es eine Verpflichtung der CSU gerade vor dem Hintergrund der Alternativen.

Freitag, 1. März 2013

Der kleine Franz Josef

München. Ende Januar wagte der FAZ-Redakteur Albert Schäffer die Zusammenfassung eines "komplexen Vereinfachers". Der Freie Wähler Hubert Aiwanger ist Schreckgespennst der bayerischen Parteien. Der Niederbayer ist gefürchtet und zeitgleich als künftiger Koalitionspartner begehrt. Nicht ausschließbar das ihn im September ein Ministeramt ruft.

Wer dem Vorsitzenden der Freien Wähler im Bund und Land das erste Mal begegnet, der kann sich seiner allumfasenden Gegenwart sicher sein. Er überstrahlt seine Fraktionskollegen um Längen und ist in jedem noch so uninteressanten Thema mit einer eigenen Meinung vertreten. Ihn auf Bayern oder Agrarpolitik zu reduzieren ist falsch und für seine Gegner gefährlich. Er ist ebenso mit einem außenpolitischen Meinungsbild vertreten, wie in der Lage jeden noch so kleinen bundespolitischen Streitpunkt anzusprechen.

Königsgleich absolutistisch beherrscht er die, die eigentlich keine Partei sein wollen und es doch sind. Seine Dreifaltigkeit in Bayern, Bund und Fraktion (jeweils als Vorsitzender) machen ihn praktisch alternativlos. Seine Volksnähe, seine rhetorische Begabung und die populistische Grundhaltung machen ihn schwer berechenbar und gleichzeitig in der Wählerschaft beliebt. Die Anti-Partei der Freien Wähler macht es ihm möglich gegen alles und für alles zu stimmen und dieses alles als neuen Politikstil zu verkaufen.

Nicht nur die bayerische Opposition setzt auf den Niederbayern, auch innerhalb der CSU, der er eigentlich näher steht, als den anderen Parteien, wird er aufmerksam beobachtet und beneidet.  

Fast scheint es, der ewige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß habe ihn als Reinkanation geschickt. Nur die Kragenweite von FJS hat Hubert Aiwanger (noch) nicht. Die CSU sollte ihn dennoch ernst nehmen.