München. Berthold Rüth hat
eindrucksvoll die Mehrheit der Delegierten hinter sich versammelt. Mit 123 zu 34 Stimmen hat er seinen Herausforderer
Daniel Müller besiegt und ist wieder Direktkandidat seiner Partei für die Landtagswahl. Sein Ergebnis ist ein Auftrag weit über Wahl 2018
hinaus. Und für die CSU geht es zurück in die Vergangenheit.
Das bekannte, biblische Gleichnis
von den anvertrauten Talenten will Mut machen und zugleich mahnen: Setze deine
Fähigkeiten und Kräfte ein! In diesem Gleichnis werden, diejenigen belohnt,
die Mut beweisen. Vor diesem Hintergrund hat die Miltenberger CSU das Gegenteil
getan. Mit Rüth setzt die CSU auf die Vergangenheit: Was gut war, wird gut bleiben. Die Talente der Partei
werden vertröstet.
Was hat den Ausschlag für Rüth gegeben?
Rüth verdeutlichte, dass nur er
die Schlüsselposition für die CSU ausfüllen könne. Wie in den vergangenen 14
Jahren, werde er auch in Zukunft für Verlässlichkeit und Berechenbarkeit
stehen. Wie viel er für Miltenberg gegeben habe, verdeutlichte Rüth mit einer
Zahl: Eine dreiviertel Milliarde sind in den Landkreis seit seiner ersten Wahl
geflossen. Wer Experimente wage, riskiere zu viel.
Dabei ist die Lage ernst: Die CSU hat im Landkreis
Miltenberg an Zustimmung eingebüßt. Die Kommunalwahlen 2014 auf Kreisebene
wurden verloren. Wer es mit der CSU gut meint, bildet sich ein eigenes Urteil.
Doch wer Bürgern zuhört und die Wirklichkeit betrachtet, kann zu keinem anderen
Urteil kommen: Die Zeiten, in welchen ohne die CSU nichts ging scheinen im
Landkreis Miltenberg vorüber.
Die erste Frage muss daher lauten:
Kann Berthold Rüth die Wahlen 2018 gewinnen? Die CSU-Delegierten waren davon
überzeugt. Doch reichen die Rezepte aus der Vergangenheit wirklich aus? Rüth feiert
sich für jede Schlüsselzuweisung, die auch Teil der dreiviertel Milliarde sind.
Doch müsste die Frage lauten, hat er den rechtlichen Rahmen dafür entscheidend
mitbestimmt oder ist er nur der Bote vom Untermain für die bayerische
Staatsregierung? Während sich in Oberbayern kaum ein Abgeordneter über die
finanzielle Unterstützung als Zeichen der Schwäche freut, sind sie längst unverzichtbar
für die Entwicklung des ländlichen Raums hin zu gleichwertigen
Lebensverhältnissen geworden. Reicht das, um überzeugend vor den Wähler zu
treten? Was sind die anderen großen Themen seiner nächsten fünf Jahre?
Die zweite Frage sollte lauten:
Kann der glaubwürdige Generationenwechsel, manch einer sagt Wandel, mit ihm
gelingen? Die Delegierten haben auch diese Frage mit einem klaren Ja
beantwortet. Mit Blick auf die Kommunalwahlen 2020 ist es jetzt fast schon zu
spät einen Generationswechsel zu starten. Rüths wiederholte Wahl zum
Kreisvorsitzenden und Stimmkreiskandidaten ist ein klarer Auftrag für ihn weit
über das Jahr 2018 hinaus. Er muss den Wandel jetzt mutig angehen und für 2020 einen
glaubwürdigen und attraktiven Kandidaten gegen den Grünen Landrat Scherf ins
Rennen schicken. Der Anspruch der CSU muss sein, die Gestaltungsperspektiven des
Chefsessels im Landratsamt wieder selbst zu übernehmen.
Die Delegierten scheuten das
Risiko und setzen auf Rüth. Daniel Müller hat Mut bewiesen, wurde dafür aber
nicht belohnt. Er war die Zukunft. Um das Gleichnis nochmal zu bemühen: Die
Delegierten haben die Talente vergraben, um sie für später zu erhalten. Ein
Blick in die Bibel reicht um das Ergebnis abzusehen.