Wir vertreten die MAINung, dass Politik von der Diskussion lebt. Dieser Idee haben wir unseren Blog gewidmet. Wir sind Nikolaus Barth und Daniel Müller. Langjährig in der Jungen Union/CSU aktiv und zwischenzeitlich in verschiedenen Berufen und Orten beheimatet. Wir sind unseren Wurzeln dennoch weiterhin verbunden und mit dem steten Drang sich zu Wort zu melden. Die Themen reichen vom Untermain über München und Berlin bis nach Brüssel und darüber hinaus.

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Sonntag, 25. Dezember 2011

Die Wut wächst - ein persönlicher Jahrsrückblick

Klingenberg/Main. Die vorweihnachtliche Stimmung war mehr von einem politischen Schauspiel geprägt als von der freudigen Erwartung auf das Weihnachtsfest. Grund genug für den Autor die Perspektive und den Stil zu wechseln und anzuklagen.

Die Wut wächst - ein persönlicher Jahresrückblick.


Hätte ich diesen Eintrag vor einem Jahr geschrieben das Wort Wut wäre in Zusammenhang mit Stuttgart 21 gefallen. Wobei ich in diesem Fall nicht Wut empfinde, eher Enttäuschung über die Stadt, welche ich gern als meine alte Liebe bezeichne. Dieser Jahresrückblick richtet sich aber auf das 2011. Ich bin enttäuscht und zugleich wütend. Die politischen Verhältnisse in unserer Republik sind ihr nicht würdig. Vor allem aber die Regierungskoalition und die darin engagierten Parteien machen mich wütend. Zur FDP kein Wort. Zur Regierung wenig - wenn dann nur Zustimmung und meine Bewunderung für die Kanzerlin. Die Geschichte wird in einigen Jahren ein überaus positives Urteil über diese Frau fällen.

Über die Partei und die darin handelnten Personen kann ich dies nicht mehr sagen. Dieser Tage wurde in meiner Heimatstadt das Trauerspiel fortgesetzt und es hat mich schließlich endlich zu der Form dieses Eintrags gebracht. Die Union trägt schwer in dieser Zeit. Verantwortungsvoll im Regieren, chaotisch im Horizont der Parteilandschaft.

Von vorne. Ja, ich habe ihn verehrt. Ich mochte seine Frau, seine Kinder, seinen Stil, seine Auftritte und Reden. Ich habe in ihm den zukünftigen Kanzler gesehen. Ja, ich habe damit angegeben ihn persönlich getroffen zu haben, mehr als einmal, seine Assistenz zu kennen. Ja, bin ich schuldig? Dr. (ehemals) Karl Theodor von und zu Guttenberg, KT der KrisenbewälTiger war mein Held.

Ich bin trotz meiner jungen Jahre schon soviele Lenze politisch aktiv und ich erinnere mich gut an die Jahrtausendwende als ich Dr. Helmut Kohl verteidigt habe. Als ich gesagt habe, ein Ehrenwort ist ein Ehrenwort und das gelte nunmal. Nun KT hat die Wehrpflicht abgeschafft. Und seit ihm gilt das Ehrenwort nicht mehr soviel. Zumindest unter einer Doktorarbeit.

Ich konnte damit leben. Ich bin sogar froh, dass er über dieses Thema gestürzt ist. Demut fehlte ihm schon immer. Er hat Leuten wie mir geholfen. Seit März 2011 sind Doktortitel in der Politik und der Wirtschaft keine Eintrittsbarriere mehr. Die Gesellschaft war unehrlich mit sich selbst. Die Bewertung seines Deliktes fällt schwer. Es ist ein Hohn gegen die Wissenschaft, zweifelsfrei. Doch auch diese in Verköperung der Universität zu Bayreuth hat sich von der Person des Barons vereinnehmen lassen. Und so ist das Werk, welches in seiner Gesamteinheit geistreich ist, nur eine Kopie vieler geistreicher Ideen. Auch das kann mühsam sein, gebührt in Teilen Respekt, wissentschaftliches Arbeiten ist eben mehr, vor allem wenn es um die Doktorwürde geht.

Ich habe es ihm verziehen. Auch Kohls Ehrenwort habe ich akzeptiert. Kohl hat sich später verteidigt und seine Sicht der Dinge erläutert. Das ist gerechtfertigt bei der Fülle an Anschuldigungen. KT hat sich erhöht und nachgetreten. In seiner Perspektive überragt er alle. In meiner nicht. Ihm fehlt die Reife, in Teilen die Weitsicht, Gelassenheit und Ruhe eines Roland Kochs, eines Wolfgang Schäubles oder einer Angela Merkel. Sein Eingeständnis die Bearbeitung seiner Doktorabreit habe ihn organisatorisch überfordert war ein Eigentor. Regierungsfähig ist er damit nicht mehr.

Sicherlich überlegt er derzeit, wie er zurück in die deutsche Politik gelangen kann. Amerikanischer Präsident kann er leider von Geburts wegen nicht werden. Versuche den Atlantik zu teilen und trockenen Fusses die Rückreise anzutreten werden scheitern. Ich wünsche ihm, dass er nur vorerst gescheitert ist und nicht wieder scheitert. Mein Held ist er nicht mehr.

Ein zweiter homo politicus hat mich in diesem Jahr enttäuscht: Georg Fahrenschon. Ein begnadeter Experte der Finanzen. Kein guter Redner. Gerne hätte ich ihn einmal persönlich kennengelernt. Seine Weitsicht, Entschlossenheit, Engagement habe ich geschätzt. Sein Verlust für die politische Kaste hat mich verwirrt. Der höchste rote Lobbyist im Lande zu sein ist in seinem Alter sicher keine Ehre. Ich habe mir mehr von ihm erhofft. Ist das Zeitalter der Jungpolitiker etwa schon vorbei? Der Fall Lindner scheint dies nur zu unterstreichen.

Die Kredite und Reisen der Familie Wulf haben die vorweihnachtliche Freuden beendet. Weniger die Reisen und die Kredite selbst - als vielmehr das zögerliche und gleichzeitig verdächtige Verhalten. Das Schweigen Wulfs vor dem Landtag entlarvt nur die eigene Unsicherheit und zeigt einmal mehr - alles scheint in Unordnung.

Der Bundespräsident und seine Gattin Bettina machen eine bella figura auf internationalem Parkett. Allen voran unserer First-Lady ist dies geschuldet - bringt sie doch etwas Glamour in die sonst so fade politische Landschaft der nach Guttenberg-Epoche. Der höchste Repräsentant Deutschlands sollte dies auch. Doch bitte lieber Herr Wulf - warum diese vermeidbaren Pannen? Wir haben größere Probleme.

Die Wut wächst weil unser Land keine Zeit zu verlieren hat sich mit unwichtigen und persönlichen Krisen. Ich möchte eine Idee von Deutschland 2020 und 2030 sehen und nichts über bedeutungslose Kreditverträge lesen.

Mit der Reaktion der Öffentlichkeit und Medien und mit diesen politischen Vorbildern wird es in Zukunft immer schwieriger politisch Interessierte zu politischer Verantwortung zu bewegen. Grüne und Piraten haben es da noch einfach - sie bedienen sich aus den Protest- und Wutbürgerbewegungen. Für die staatstragenden Konservativen (und Liberalen) könnte es schwerer werden. Auch SPD und Freie werden dies sehr schnell merken.

Ich möchte stolz sein auf mein Land und auch auf meine Politiker, am liebsten, wenn sie von der eigenen Farbprägung sind. Das war in diesem Jahr 2011 sehr schwer.