Wir vertreten die MAINung, dass Politik von der Diskussion lebt. Dieser Idee haben wir unseren Blog gewidmet. Wir sind Nikolaus Barth und Daniel Müller. Langjährig in der Jungen Union/CSU aktiv und zwischenzeitlich in verschiedenen Berufen und Orten beheimatet. Wir sind unseren Wurzeln dennoch weiterhin verbunden und mit dem steten Drang sich zu Wort zu melden. Die Themen reichen vom Untermain über München und Berlin bis nach Brüssel und darüber hinaus.

Viel Freude beim Lesen!

Sonntag, 25. Januar 2015

Das Misstrauensvotum.

München. Mario Draghi hat  am vergangenen Donnerstag die Geldschleusen weit geöffnet. Die EZB kauft Staatsanleihen im großen Stil und flutet Europa mit billigem Geld.  Was die Südeuropäer freut, hat im Norden Kritik hervorgerufen. Doch die Kritik trifft den Falschen.

Als die europäische Schuldenkrise vor wenigen Jahren ausbrach, und die Zentralbank erstmals Staatsanleihen in deutlich geringerem Umfang als heute erwarb, verloren die Notenbanker ihre Unschuld, nicht aber ihre Unabhängigkeit.  An Draghis Entschlossenheit den Euro zu retten zweifelt inzwischen niemand mehr.

Super Mario hat den Krisenstaaten Europas schon vor zweieinhalb Jahren Zeit gekauft. Er entlastete ihre Haushalte mit niedrigen Zinsen und der Versicherung, dass die EZB den Euro verteidigen werde. Die Mittel dafür werden ausreichen, daran ließ er keinen Zweifel.

Doch Europa ändert sich nur langsam. Drei Krisenstaaten ziehen mehr oder weniger schnell Reformvorhaben durch und ändern sich. Bei anderen fehlt das Engagement oder sie halten sich an Politiker, die unhaltbare Versprechungen machen. Gleichzeitig erstarken Eurogegner in allen Ländern, denen es vor allem um die Nationalstaaten, weniger um die europäische Einheit geht.

Das alles sieht auch Draghi und er verzweifelt daran, dass seine Warnungen und Ratschläge, die Zeit des billigen Geldes für Reformen zu nutzen, viel zu leichtfertig ignoriert wurden. Damit fehlen Europa wirtschaftliche Impulse und Wachstum.

Was er uns seine Kollegen letzte Woche beschlossen haben, ist keine konventionelle Zentralbankpolitik. Es ist der Versuch die Phase des billigen Geldes auf unbestimmbare Zeit zu verlängern. Gleichzeitig schwächt die Maßnahme den Außenwert des Euros und erhöht damit die Exportchancen Europas. Es ist nichts anders als ein Misstrauensvotum der unabhängigen EZB gegenüber der Politik, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat. Auch Deutschland kann sich dieser nicht entziehen. Die Kosten dafür trägt der europäische Sparer.

Donnerstag, 8. Januar 2015

Das Abendland.

München. Die fürchterlichen Terroranschläge von Paris treffen Europa im Mark. Es verbietet sich, die verachtungswürdigen Verbrechen in Frankreich in einem Zug mit den Demonstrationen in Deutschland zu nennen. Und doch ist ein Weckruf geboten. Es geht um das Abendland.

Mord und Terror in Paris sind ein Anschlag auf die westlichen Werte. Niemals sind die Taten zu rechtfertigen. Immer ist die Gesellschaft aufgefordert, ihre Grundrechte zu verteidigen. Die freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit sind nicht weniger bedeutend als die Religionsfreiheit und die Gewaltenteilung. Alles gilt, weil die Würde des Menschen unantastbar ist. Wer gegen diese Grundrechte vorgeht, mordet und bombt, greift das Abendland in seinen Grundfesten an. 

Europa ist stolz auf seine Grundrechte. Die Freiheit ist in weiten Teilen des Kontinents keine alte Bekannte, sondern steckt in den Kinderschuhen. Es ist wichtig, dass die Europäer demonstrieren und sich politisch engagieren. Es ist ihr Recht. Doch nicht jeder Demonstrant hat recht. Die Meinungsvielfalt zeichnet Europa aus.

Reflexartig stellen sich nun einige hin und rechtfertigen ihre Argumente mit den Terroranschlägen von Paris. Weil das Abendland seine Errungenschaften verteidigen muss, sehen sie sich gestärkt in ihrem Vorgehen gegen die „Islamisierung“ und die „Lügenpresse“. Ist etwa eingetreten, was Tausende in Dresden für die Zukunft befürchteten?

Der Reflex ist falsch. Toleranz wird nicht durch Vorverurteilungen gemehrt. Toleranz ist aber ein Fundament des Abendlandes, genauso wie Freiheit. Mögen sie anderswo unter Freiheit die Freiheit der Funktionäre verstehen und die Toleranz dort enden lassen, wo ein anderer nicht mehr zustimmt, sondern seine Stimme erhebt. Das Abendland ist anders.

Deswegen müssen wir ein feines Gehör für die leisen Rufe entwickeln, weniger tolerant und damit weniger frei zu sein. Wir müssen unser Gespür schärfen, für unser Grundbedürfnis nach Sicherheit nicht unsere Grundrechte zu opfern. Wir müssen ein echtes Gefühl dafür entwickeln, dass sich das Abendland vor allem über seine Grundrechte definiert und nicht Hass und Ressentiments unsere Entscheidungen leiten sollten. Das Abendland ist mehr. Wir alle sind das Abendland und aufgefordert, es zu leben.

Mittwoch, 7. Januar 2015

Spiritus rector

Erlenbach. Er kann reden. Als Testat gilt der reichliche Applaus von 400 Zuhörern. Gesprochen hat kein Staatspräsident, Wirtschaftsführer oder geistliches Oberhaupt. Es war viel profaner, handelte es sich doch um die Neujahrsansprache des Erlenbacher Bürgermeisters. Michael Berninger lud am Dreikönigstag in die Frankenhalle ein. Leitmotiv seiner Rede, oder genauer deren gedankenleitende Frage, war: "Dürfen wir träumen?".

Er bejahte sich dies selbst und grenzte seinen eher pragmatischen Traumbegriff von Illusionen ab.Tatkraft sei notwendig, damit aus Träumen Wirklichkeiten entstünden. Er sprach sich für den gezielten Einsatz von Planung und Strategie aus, damit aus dem Traum eine Vision und aus der Vision die Realität würde. Er sprach vom Geist einer Mannschaft, die in Brasilien Fußballweltmeister wurde. Von deren Willen, Mut, Kraft und Ausdauer bis zum Erreichen des großen Ziels. Er erkannte an, dass der Traum des einen nicht unbedingt der Traum des anderen sei und somit nicht alles in Erfüllung ginge. Selbstkritisch benannte er Wahlergebnisse als ein solches Beispiel. Er bot an, Trost darin zu finden, dass es immer neue Träume oder besser Ziele geben könne und man deshalb ruhig weiter träumen solle. Nur schlafen dürfe man dabei nicht, sonst hole einem die Wirklichkeit schnell ein. Berninger ist damit eines nicht: ein Traumtänzer.

Was ist Berninger dann? Roman Deiningers Plädoyer "Freiheit für das Wort!" für mehr Redekunst in der Politik (Süddeutsche Zeitung vom 15./16.11.2014) verdanke ich die Erkenntnis, dass man wahrlich kein Obama oder Martin Luther King sein müsse, um die Menschen zu berühren. "Eine gute Rede versammelt eine Gemeinschaft vor einem Fenster, und dann zieht sie den Vorhang auf. Eine gute Rede kann erklären und wärmen, ermuntern und mahnen, sie kann - im besten Fall - Identität stiften und Bürgergeist." Deininger weiß auch weiter, was das Publikum davon hat: "Natürlich, Demokratie funktioniert auch ohne Inspiration. Aber sie funktioniert besser, viel besser, mit ihr.". Dankbar bin ich deshalb um Politiker wie Michael Berninger. Sie beherzigen die Kriterien einer guten Rede und sind zukunftsgewandt. Berninger betonte schon auf der Bürgerversammlung im November, dass er bereit sei, Erlenbach neu zu denken, alte Denkpfade zu verlassen und neue Zukunftsstrategien im engen Austausch mit den Bürgern zu entwerfen. Ich zähle auf ihn, denn das ist inspirierend und gut für Erlenbach.