Wir vertreten die MAINung, dass Politik von der Diskussion lebt. Dieser Idee haben wir unseren Blog gewidmet. Wir sind Nikolaus Barth und Daniel Müller. Langjährig in der Jungen Union/CSU aktiv und zwischenzeitlich in verschiedenen Berufen und Orten beheimatet. Wir sind unseren Wurzeln dennoch weiterhin verbunden und mit dem steten Drang sich zu Wort zu melden. Die Themen reichen vom Untermain über München und Berlin bis nach Brüssel und darüber hinaus.

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Samstag, 20. Januar 2018

Sozialdemokratische Sonderheiten

München. Die SPD stimmt am Sonntag über Ihr Schicksal ab. Es betrifft längst nicht nur die Partei selbst, sondern jeden von Ihnen ganz persönlich. Auch für den größten Teil der Delegierten ist das persönliche Schicksal entscheidend. Für die SPD geht es im Kern um die Zukunft der eigenen Vergangenheit, der Wählbarkeit in den nächsten Abstimmungen und damit ums Überleben.

Das Ergebnis der Sondierungen zwischen Union und SPD war ein Kompromiss und nicht mehr als der kleinste gemeinsame Nenner. Wer vier Jahre gemeinsam regierte, sollte Sondierungen eigentlich nicht nötig haben. Die SPD trieb den Preis schon vor den Sondierungen nach oben und zog rote Linien ein, die weit über das eigene Wahlprogramm zur Bundestagswahl hinausgingen: Abschaffung der privaten Krankenversicherung, Steuererhöhungen für den vielgelobten Mittelstand und Handwerker oder deutlich geringere Restriktionen beim Familiennachzug von Flüchtlingen.

Die Sondierer der Union hatten ihrerseits wohl deutlich weniger schwarze Linien und nur wenige Ideen für die Zukunft Deutschlands, so dass sich die meisten mit großen Investitionsplänen, restriktiverer Flüchtlingspolitik und ansonsten mit der Verteidigung des Status Quo zufrieden gaben. Ein großer Wurf sieht anders aus. Das der kleinste gemeinsame Nenner keine Jubelstürme auslösen würde, sollte jedem klar sein. Die Union ist als staatstragende Partei mit weniger zufrieden und einfach deutlich weniger revolutionär nach innen.

Für die SPD war es nicht leicht oder doch so leicht wie nie. Das Wahlergebnis der SPD auf die große Koalition zu schieben ist ein Fehler. Ein nicht überzeugender Kandidat, ein rückwärtsgewandtes, linkes Programm und der Versuch, die eigenen Erfolge der Vergangenheit ins linke Licht zu rücken und damit abzuschaffen, sind die wahren Ursachen. Mehr SPD als in der letzten GroKo gab es nie. Die Koalition trug eindeutig die sozialdemokratische Handschrift und fast alles konnte dank Horst Seehofer durchgesetzt werden. Freilich blieben linke Wunschträume unerfüllt, aber selbst in einer SPD-Alleinregierung wären diese nur schwer umzusetzen, ohne das Grundgesetz aus den Angeln zu heben. Einen Forderungskatalog für die Sondierungen aufzustellen, der dieses Programm übertrifft, war unmöglich. Vor vier Jahren wurde die Belastungsgrenze der Wirtschaft getestet, mit dem Sondierungsergebnis würde sie überschritten. 

Eine einfache Alles-oder-Nichts-Forderung wäre für die SPD der Ausweg gewesen: Hätte die SPD schon am Wahlabend klar gesagt, sie trete in keiner Regierung unter Angela Merkel mehr ein, wäre dies jetzt die Forderung gewesen, um das Klein-Klein zu verhindern. Die SPD hätte ihre eigenen Reihen geschlossen und, sicherlich nach anfänglichen zum Teil heftigen Zurückweisungen, auch in der Union ein Nachdenken provoziert. Freilich gibt es die Gefahr, dass der neue Kanzler der Union die SPD überstrahlt – linker als Merkel geht allerdings kaum. 

Für Merkel war spätestens seit 2005 klar, dass für sie die Mehrheit nur links der Mitte zu holen ist. In ihrem ersten Wahlkampf als Kandidatin legte sie ein ambitioniertes Modernisierungsprogramm für den kranken Mann Europas vor. Es baute auf Schröders Reformagenda auf und überholte selbst die FDP. Mit Paul Kirchhof wurde ein Steuerfachmann ersten Ranges in das Wahlkampfteam geholt. Merkel verlor fast und Schröder versetzte die Funktionäre der eigenen Partei in einen andauernden Albtraum: Merkel räumte seitdem regelmäßig die mehrheitsfähigen linken Themen der SPD ab und festigte somit ihre Mehrheit – die SPD wurde zur marginalen Volkspartei degradiert.

Nun sieht es für beide Volksparteien schwierig aus. Die Union hat ihren Markenkern verloren. Selbst wenn manche Kritik völlig überzogen ist, die Verlässlichkeit der Union ist dahin. Die SPD dagegen rückt soweit nach links, dass auch sie für die Mitte nicht mehr wählbar ist. Sollte wirklich eine Liste Sahra Wagenknecht auf Die Linke folgen, wäre mit der Volkspartei SPD auf Jahre nicht zu rechnen.

Die SPD zählt 153 Bundestagsabgeordnete und 523 Abgeordnete in den Landesparlamenten. Auf ihrem Parteitag entscheiden also 600 Delegierte über ihr Schicksal. Der Ausgang ist ungewiss. Soviel scheint sicher: Es wird knapp werden und selbst wenn die Sondierungsergebnisse Zustimmung finden, droht es die SPD zu zerreißen. In diese Probe hat sich die SPD selbst manövriert.

Um Ihrem Schicksal wieder etwas mehr Raum zu geben, sollte die Union die Minderheitsregierung endlich in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen stellen. Freilich mit neuem Personal und nur für eine Übergangszeit. Damit stünde der Bundestag wieder im Mittelpunkt. Es fehlte eine starke Stimme in Europa.